Kultur, Symbole, Rituale

Mein Beitrag zum Thema " Macht und Ohnmacht der Bilder" - Thema der Konferenz der evangelischen Schulräte in im Religionspädagogischen Zentrum der Evangelischen Kirche in der Abtei Heilsbronn

Wie gestalten wir die Wirklichkeit - Vorlage war meine Ausstellung " Der Tod des kleinen Prinzen", die zu diesem Anlass 3 Monate in der Abtei Heilsbronn hing.

1. Kulturelle Wirklichkeiten

Wir sind gewohnt in Bildern wahrzunehmen, zu denken, zu planen, zu träumen, zu phantasieren. Wir haben ein Weltbild, ein Selbstbild, ein Gottesbild, ein Menschenbild. In Bildern werden schnell und viele Informationen aufgenommen und weitergegeben. Wir bilden uns und werden gebildet und bilden andere. Wir sind gebildet, eingebildet, ausgebildet, ungebildet, verbildet und auch verbildert. Bilder sind das Fundament der Kultur. Wahrscheinlich ist erst das Bild gewesen und dann das Wort entstanden. Prägung durch Bilder sind die Bausteine unseres Kulturgebildes und werden zu unserer kulturellen Wirklichkeit.

In Symbolen, Mythen, Märchen, Legenden, Sagen und Metaphern sind kulturell überlieferte Gebilde enthalten und in ihnen sind verbindliche Inhalte verschlüsselt. Diese Bilder sind fotographische Aufnahmen aus der geschichtlichen kulturellen Wirklichkeit, so wie Negative, die in uns liegen, eine kulturell vererbte Disposition. Diese Negative werden wie Fotos entwickelt, in der Dunkelkammer der Vergangenheit durch die Gegenwart belichtet und in die Wirklichkeit geholt. Diese Bildentwicklung entpersonifiziert uns einerseits und andererseits gibt es uns eine Gruppenzugehörigkeit. So werden wir als Mensch ein Deutscher oder ein Franzose und damit persönlich handlungsfähig. Es ist dieser Vorgang, durch den wir uns selbst, unsere Gemeinschaft und das Leben im allgemeinen begreifen. Wir fühlen wir uns miteinander verbunden und zugehörig zu einer Kultur. Aus diesem Standpunkt bewerten wir die fremde Kultur.

Es ist wichtig, aber schwierig und für Menschen oft bedrohlich, die Wirkung von Bildern und darauf aufbauend die Wirkung von Symbolen zu erforschen. Ich vermute, dass Symbol- Erforschung nur für psychisch stabile Menschen erträglich ist, für andere belastend oder sogar psychisch gefährlich. Dieses Wissen oder besser gesagt dieser Erkenntnisprozess kann Menschen in eine Identitätskrise stürzen. Ich vermute, dass eine Reihe von psychischen Erkrankungen in unserem Kulturkreis mit dem Verfall von Kulturinhalten zu tun haben. Die Symbolkraft lässt vielfach nach und die Rituale ebenfalls. Die Menschen verlieren ihre kulturelle Stabilität und das hat psychische zum Teil auch psychiatrische Auswirkungen.

Symbolanalyse/ Bilderanalyse stellt in Frage, verunsichert, macht orientierungslos, trennt von der vertrauten Gruppe ab, macht einsam, macht Angst, zerreißt die Informationsinhalte in Bruchstücke und bedroht die Person in ihrem menschlichen Sein. Auch wenn dies zu Forschungszwecken ein freiwilliger Prozess ist, kann dieses Vorhaben in der Durchführung große Schwierigkeiten bereiten. Mir selbst ging es in diesem Prozess ab und zu psychisch schlecht. Bilder und Symbole zerlegen heißt, Inhalte aus dem Zusammenhang nehmen, Traditionen und Rituale genau anschauen, Absichten und Ziele hinterfragen, die Sinnfrage stellen und vor allem Chaos und Ohnmacht zu ertragen. Die Geborgenheit im kulturellen Kontext ist nicht mehr bewahrend und der Mensch muss sich neu definieren. Hier sehe ich mitunter die Aufgabe der Kunst in diesem Kulturprozess mitzuarbeiten. Hier liegt mein künstlerischer Ansatz ausgehend von Märchen bis hin zur Ausstellung " der Tod des kleinen Prinzen". Das ist der künstlerische Weg, auf dem ich mich seit Jahren bewege.

In diesem Zusammenhang ist das Thema " Macht und Ohnmacht der Bilder" hochaktuell.

Ich versuche nun aus meiner 40jährigen künstlerischen Arbeit und meinen beruflichen Erfahrungen, ein paar Gedanken zu diesem Thema in Worte zu fassen.

Mein erster Gedanke

In jedem Menschen ist ein Philosoph verborgen, der mit kulturellen Bildern und Geschichten spielt, der sich mit Rollen und Zielen identifiziert, der in die Vergangenheit zurückdenkt, die Gegenwart lebt und in die Zukunft vorplant.

Dieser innere Prozess wird von außen durch die kulturelle Gegenwart wesentlich beeinflusst und durch die Interessen und Entscheidungen der politischen und ökonomischen Führungsebene gelenkt.

Jeder menschliche Geist philosophiert, um seinem Leben Sinn und Inhalt und damit Halt zu geben. Dadurch unterscheidet er sich vom Tier, das vielleicht, philosophiert von mir, diesen Halt nicht nötig hat, um zu überleben.

Zum "Nachsinnen" nutzt der Mensch seine vertrauten Bilder, in denen er sich entwickelt hat, sich erkennt und immer wieder zu sich zurückfindet, auch wenn er Phantasiegrenzen überschritten hat. Seine Persönlichkeit ist in diesem Bildkontext gewachsen und wird sozusagen zu seinem Selbstbild in dem Bild von der Welt und dem Bild von dem zugehörigen Gott. In seiner kulturellen Zugehörigkeit fühlt sich der Mensch sicher und erkennt darin ein Sinngefüge, das es zu erhalten gilt und fühlt sich dazu verpflichtet. Wir fühlen uns wohl, wir können begreifen, erklären, unsere Ordnung spüren, planen und gestalten. Das Zusammenleben funktioniert in diesem kulturellen Rahmen, wir erklären Geburt und Tod, Beziehungen und Systeme, Sexualität und Spiritualität. Kulturkonstrukte haben eine äußerst wichtige Funktion für das persönliche Leben aber auch für die Gemeinschaft.

Zu große kulturelle Veränderungen sind bedrohlich und erschüttern die persönliche Identität von fast allen oder bestimmt sehr vielen Menschen. Es entsteht kultureller Stress verbunden mit dem Gruppendruck, alles in allem eine gefährliche Dynamik in einer Volksgruppe.

Wir befinden uns aktuell in dieser Phase der kulturellen Veränderung.

Kulturelle Veränderung passiert m.M.n. nie freiwillig, sondern nur aus einer Unabwendbarkeit heraus, sei es durch Eroberung und Flucht oder durch den Migrationsprozess. Die Geschichte zeigt, dass die Sieger meistens den Besiegten ihre Kultur aufgezwungen haben. Heute haben wir Wahlmöglichkeiten zwischen einer kriegerischen und einer nichtkriegerischen Veränderung, oder besser gesagt, wir haben kleine Gestaltungsmöglichkeiten, einen Krieg abzuwenden und den kulturellen Veränderungsprozess gezielt in Bewegung zu setzen, auch wenn wir im Nachhinein mit dem ausgelösten Prozessen Schwierigkeiten bekommen.

Kulturelle Veränderung braucht viel Zeit für Bewusstseinsarbeit in einer Volksgruppe und dieser Bewusstseinsprozess ist eine sehr wichtige Aufgabe der Führungsebene. Wenn die reaktionären Kräfte in dieser Ebene übergewichtig sind, dann wird es sicherlich zu großen Bedrohungen, sowohl nach innen als auch nach außen, kommen.

Das Verlangen nach Tradition ist wichtig und wertvoll und immer zu berücksichtigen. In der Tradition ist kulturelle Identität lebbar und dies brauchen Menschen, die einen mehr, die anderen weniger. Je einmaliger diese Tradition mit den dazugehörigen Ritualen ist, um so heftiger wird sie verteidigt. "Mir san mir" in Bayern.

Unsere Gesellschaft in Gesamtdeutschland hat sich aber von innen bereits von vielen Traditionen und Werten verabschiedet. Wir haben durch den inneren Prozess unsere Kultur selbst infrage gestellt, viel mehr als dies eine fremde Kultur durch ihr Eindringen machen könnte. Wir sind kulturell durch den 2. Weltkrieg vor uns und der Welt allgemein gescheitert und haben dies nicht ausreichend zur Kenntnis genommen. Wir haben unseren Antrieb, unsere Machthörigkeit, unser Stammesdenken, unsere politischen Strukturen und auch die Verantwortlichen für diesen grausamen Krieg nie wirklich infrage gestellt. Wir haben diesen Krieg nicht in den Bildungsbereich gebracht, nicht in der Kirche überdacht, nicht in politischen Funktionen überprüft und neue Ideen nur beschränkt zugelassen. Wir haben einfach weitergemacht und das holt uns ein. Das müssen wir nun nachholen auf der Basis der Unabwendbarkeit. Hier liegt ein wesentliches Moment, das Deutschland gegenüber fremden Kulturen relativ aggressiv macht. Wir fühlen uns von fremden Kulturen nach wie vor bedroht. Von Religion will ich noch gar nicht reden.

Die gewohnten Bilder / Selbstbild, Weltbild, Gottesbild/ sind nicht mehr so stark verbindlich wie vor 50 Jahren und viele Menschen verlieren den kulturellen Boden, die gewohnte traditionelle zuverlässige Lebensbasis. Das vertraute Weltbild mit den Symbolen und Inhalten und das fremde Weltbild mit seinen befremdlichen Symbolen/ Inhalten treffen jetzt aufeinander. Die fremden Kulturen sind nicht mehr zu übersehen und nicht mehr nur Gastarbeiter, die für uns Deutsche die lästige Arbeit übernehmen. Wir haben nicht so sehr Angst vor den Ghettos der Ausländer und den aufsässigen schwierigen Schülern, nein. Das ist uns eher willkommen, denn so können wir mit Integrationsunfähigkeit argumentieren. Wir haben viel mehr Angst vor dem intellektuellen Potential einer fremden Kultur. Hier sollten wir schnell handeln und die wirklichen Denker der anderen Kultur dafür gewinnen. Ansonsten kommen intellektuelle Machtmenschen ins Land und benutzen ihre Landsleute für einen Kulturkampf, den wir d.h. einzelne Menschen büßen müssen auf beiden Seiten.

Hier liegt die wirkliche Gefahr der kulturellen Auseinandersetzung und der eigentliche politische Machtkampf, den nur einige von beiden Seiten austragen und wahrscheinlich sind es die Ungeeignetsten. Auf diese will ich nicht weiter eingehen, sondern mich dem Durchschnittsbürger zuwenden.

Was kann man tun, um auf der Bildungsebene viele Menschen zu erreichen, Ängste zu nehmen, Traditionen kennen zu lernen, Neugierde und Offenheit schaffen und Kommunikation fördern.

Philosophieren ist ein Weg, die Menschen zu motivieren sich einander anzunähern.

Die Regulierung von Nähe und Distanz ist nicht nur in persönlichen Beziehungen, sondern auch in kulturellen Beziehungen von großer Wichtigkeit.

In der Regulierung von Nähe und Distanz entsteht das Wechselspiel von deutscher Tradition und fremder Tradition. Bleiben dürfen wie wir sind und mal so schauen und kennen lernen wie der andere so ist. Das ist der Anfang zur Verständigung. Das gilt für beide Seiten, denn Migranten brauchen ihre Kulturinhalte am Anfang ihres Wechsels viel stärker als wir im Heimatland. Gastfreundschaft ist aus diesem Grund ein menschliches Gebot - in der Fremde muss man willkommen sein wie man ist. Deswegen ist man Gast, auf den Rücksicht genommen wird.

Philosophieren mit Stammtischreden oder Hasspredigten zu verwechseln stellt eine Gefahr dar. Dies wird in die negative Richtung führen, ist aber verführerisch, weil Tradition oft benutzt wird für Manipulation. Politisch darauf zu bauen und dies als kulturelle Plattform hochzuheben halte ich für sehr populistisch und ist falsch verstandene Kulturloyalität.

Die schwarzen Löcher in dieser Kulturloyalität werden dadurch nur größer und müssen ausgefüllt werden mit altvertrauten Abwehrmechanismen. Rechtsradikalismus ist in diesem Zusammenhang ein Vergangenheitsmuster, das immer wieder belebt werden kann und muss. Es ist zwangsläufig.

Jeder Mensch muss und kann selbst philosophieren und nicht nur philosophieren lassen und alles nachäffen.

Philosophieren ist mehr als Bildung, ist Offenheit, Neugierde, Intuition und Gemüt, Charakter. Philosophieren geht nur mit Herz und Verstand. Intellektuelle Bildung allein bringt auch nicht voran, fällt in sich zusammen und ist hohl. Der Mut zum Nach - Denken zeichnet den philosophischen Menschen aus. Das Interesse an der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, an sich selbst und am anderen Menschen, an Tradition und Veränderung, an Fortschritt, die Lust und Leidenschaft für Erkenntnisse, treibt den philosophischen Charakter an zu suchen und zu forschen. Leben erkunden ist für Menschen spannend, ob Natur oder Mensch, ob Spiel oder Ernst, ob Liebe oder Schmerz, sogar der Tod und Gott. Kultur sollte auch spannend und interessant gemacht sein, nicht nur im Veranstaltungskalender der VHS, sondern in Zusammenleben im Alltag.

Ich gehe nicht davon aus, dass der kulturelle Dialog nur harmonisch ist, er muss aber wertschätzend sein, auch in schwierigen Fragen. Unterschiede müssen benannt werden, Bedingungen müssen sinnvoll und gerecht verhandelt werden, Perspektiven müssen eröffnet werden und erreichbar sein. Bedrohungsgefühle und Kampfbedürfnisse entstehen oft aus Ängsten auf beiden Seiten und führen häufig zu aggressiven Reaktionen sowohl beim kleinen Schüler als auch beim gebildeten Fachmann. Die Gestalter unserer Gesellschaft können und werden diese Prozesse für eigene Ziele ausnutzen und so die Thematik und die betroffenen Menschen leider instrumentalisieren. Es geht auf dieser politischen und kirchlichen Ebene immer um Macht haben, Macht vermehren und Macht verlieren, Wahlen gewinnen und Wahlen verlieren und die Bürger dürfen Personen in diesem politischen Gerangel nicht allein die Verantwortung für die Zukunft überlassen. Neben der großen Politik müssen Menschen aufstehen und außerhalb des Machtgerangels Impulse geben und Ideen anbieten. Nicht das Inhaltliche der unterschiedlichen Kulturen sondern der Prozess der Veränderung, das Wie ist die Gefahr. Die Lenkung des Prozesses durch die Führungsebene ist ausschlaggebend für unsere gemeinsame Zukunft und hier haben wir die richtigen Weichenstellungen bereits verpasst. Politik ist ein träges Machwerk und viele Politiker verstehen von Kulturveränderung nicht viel.

Vielleicht liegt es auch in der Natur der entstandenen Dynamik, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt diese zu dem Ziel treibt und wie eine Lawine alle anderen Einflüsse und auch Gegenströmungen mitreißt. Dann hätten wir "Deutschland" nicht gelernt aus der Geschichte. Nicht das unbewegliche Konstrukt Masse, sondern der einzelne Mensch, die Persönlichkeiten in einer Gruppe der Gemeinde, der Schule, der Kirche oder auch des Stammtisches bringt Veränderung unter die Menschen. Alle institutionellen Kräfte und Versuche bringen uns nicht den gewünschten Erfolg der friedlichen Kulturrevolution.

In diesem Zusammenhang habe ich in dem Projekt " Verantwortlich für kulturellen Frieden" einen philosophischen Schwerpunkt ausgearbeitet.

Philosophieren ist ein Bemühen um eine Lösung mit Herz und Verstand. Herz symbolisiert die Bindung, das Interesse am anderen, die Beziehung von Ich und Du. Bindung ist der größte Schutz vor gewalttätig werden. Das Herz des Menschen ist bildlich gesprochen pulsierend, macht und hält lebendig, ist in ständiger Bewegung aus sich selbst, Schmerz fühlend und mitfühlend und somit liebend. Das ist Herzlichkeit. Herz ist Trumpf, nicht nur im Kartenspiel.

Philosophieren ohne Herz ist für mich " intellektueller Austausch" und bringt nicht wirklich voran. Im Herzschlag ist immer Kraft, die Kraft des Wohlwollens dem Nächsten gegenüber und damit die Kraft zur Nächstenliebe, ein hoher christlicher Wert, aber ein fast unerreichbares Ziel, um das wir uns, jeder für sich, tagtäglich bemühen muss. Die Kraft des Wohlwollens ist oft Überwindung und Verzicht - es liebt sich nicht einfach so, wie von selbst! Wer liebt muss an sich arbeiten.

Unsere Gesellschaft ist herzkrank/ herzschwach geworden mit Herzfehlern, Bluthochdruck, Verkalkung und hoffentlich wenig unbemerkten Kulturinfarkten, denn dann sind wir als Volk am Ende. Mit Herzgefühl meine ich nicht das oft genannte Bauchgefühl, das meiner Meinung sehr trügerisch ist. Ich meine mit Herzgefühl das Beziehungsgefühl zum Nächsten der anderen Kultur, den Respekt vor der Welt des Fremden. Das Offensein für den Glauben und die Rituale der bislang fremden Welt ermöglicht im täglichen Leben Fairness in der Begegnung und Chancengleichheit bei den Interessenskonflikten.

In seinem Herzgefühl zeigt der Mensch seine Individualität und dies bedeutet, dass er fähig ist, über seinen Egoismus hinauszureichen und mehr als sich selbst zu erleben. Individualität entsteht nur aus der Vermischung von Ich und Du und ist vielmehr und anders als vordergründige Ich-Besonderheit.

In der um sich greifenden Herzschwäche sehe ich auch die Wurzel von Gewalt im Kleinen und im Großen. Eine Verrohung der Jugend hat auch etwas mit der Beziehungsschwäche der Erwachsenen in unserer Gesellschaft zu tun.

"Herz entdecken" ist Philosophie, Poesie, Muse, Spiel, Lust, Lachen, Freude, Musik, Malen, Theater, Gebet, Danken, Helfen und all das womit Menschen ihre Liebe ausdrücken und Gutes tun ohne Wertung von sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend, mangelhaft, ungenügend.

Herz entdecken liegt in der Leidenschaft zum Leben über viele Schmerzen hinweg und schützt vor Depressionen und anderen psychischen Leiden. Das wäre die große Aufgabe der Pädagogen und Theologen, der Psychologen und Philosophen. Leider sind wir eine Therapiegesellschaft, in der die Menschen eher repariert als für das Leben präpariert werden.

Unser Grundgesetz ist ein philosophisches Werk, das aus schlimmer Erfahrung und neu entdeckter Leidenschaft geschaffen wurde. Leider wird es oft nur intellektuell und nicht emotional begriffen.

2. Wirkung von Symbolen - Umgang mit Symbolen ( dazu gibt es einen ausführlichen Beitrag, der hier nicht aufgeführt ist)

Veränderung der Kultur wird durch Veränderung der Symbole sichtbar und umgekehrt. Durch Veränderung der Symbole geschieht kulturelle Veränderung.

Kulturelle Konflikte werden über Symbole sichtbar gemacht und ausgetragen.

Symbole spielen eine Schlüsselrolle.

Wir befinden uns bereits in der Phase der kulturellen Abgrenzung über Symbole wie Kopftuchstreit, Kruzifix im Klassenzimmer usw.. Es geht um deren Bedeutung und Wirkung, um kulturelle Identitäten von Menschen, die sich nicht mehr aus dem Wege gehen können. Zu lange ging man sich beiderseits aus dem Wege - verschenkte Zeit, nicht genutzt, hoffentlich die Chancen nicht vertan.

Im Schatten dieser Symbolkonfrontation agieren Gruppierungen, denen es um Ideologie, Macht und Geld geht. Sie benutzen diese Situation des Umbruchs und der allgemeinen Verunsicherung; es geht ihnen um die Ausbreitung ihrer Vorstellungen und Ideologien, getrennt von der alltäglichen Wirklichkeit der ohnmächtigen "naiven und geführten" Menschen. Es geht vielen Lobbyisten um ein Konstrukt ihrer nutzbaren Wirklichkeit: Fundamentalismus, Kapitalismus, Kommunismus. Rechts- und Linksextremismus sind Prozesse, die Gefahr von Terrorismus bergen und mit besonderen Strategien einseitig ausgerichtete Ideologien gezielt über alle Hindernisse hinweg durchsetzen. Die alltäglichen Bedürfnisse, die Ängste und Wünsche von Menschen spielen in diesen extremen Ausrichtungen keine Rolle.

Es ist ein Vorgehen ohne Herz und ohne Vernunft, einfach im Extrem hängen geblieben, neben jeder Beziehung, jeder anderen Wirklichkeit, einfach voll daneben.

Aber wer sind diese Macher? Und wer lässt diese Macher machen? Und wie konnte es so weit kommen?

Warum schlafen wir oder haben zu lange geschlafen? Es gibt vielfältige Erklärungen.

Geborgensein in vertrauter Kultur macht uns ruhig, macht uns schläfrig, macht uns passiv und unachtsam und wird am Ende langweilig, leer und hohl. Langweiligkeit ist vor allem für die Jugend eine große Gefahr. Gewohnheit und Spießigkeit provoziert.

Tradition und Rituale abgeschottet von neuen also fremden Einflüssen verlieren mit der Zeit ihre Energie und Wirkung, verblassen langsam aber unaufhaltsam. Wie alles Lebendige braucht auch Kultur ständige Erneuerung, Ergänzung und auch Provokation, um wirksam zu bleiben und Menschen Orientierung zu sein. In dieser Erneuerung können doch die Möglichkeit für Entwicklungswege gefunden werden. Tradition ist schön und muss verteidigt werden, aber Tradition ist auch eine Verführung zum Stillstand und Stillstand ist zeitlich gesehen ein Rückschritt statt Entwicklung.

Der aktuelle kulturelle Ist-Zustand ist in diesem Zusammenhang eine Aufforderung aktiver zu werden, eine große Chance und Herausforderung an gesellschaftliche Systeme, voran an das Bildungssystem. Alle sind aufgerufen in einem kontrollierten und dennoch kreativen Prozess Altes und Neues, Fremdes und Vertrautes zusammenzubringen, um eine positive Aufeinanderzubewegung zu unterstützen und Extremismus vorzubeugen und entgegenzuwirken, zumindest alles zu tun, um diesen nicht zu verstärken. Das ist mein Anliegen aus meinen großen Befürchtungen.

Der Umgang mit Bildern/ Symbolen ist ein sehr schwieriges Unterfangen. In Wirtschaft, Bildung und Politik sind die Gestaltungskräfte der kulturellen Zukunft verborgen. Die Macher in Bereichen der Bildung sollten sich mit Symbolen und ihrer Wirkung auskennen um pädagogische Konzepte zeitgemäß zu entwickeln und anzubieten. Die gewohnten und akzeptierten Angebote reichen bei weitem nicht mehr und haben auch ihre Wirkung nicht mehr wie früher. Ich sehe keine besonders interessanten Angebote aus diesem Bereich und wenn ich eine Idee anbiete, werde ich ungeprüft und ohne nachvollziehbare Begründung abgelehnt. Ideengeber aus nicht verwobener Abhängigkeit, die individuelle Ideen/ Visionen einbringen könnten, sollten zugelassen werden und unterstützt werden, um aus dem Üblichen des alten Systems herauszufinden. Systemblindheit hat schlimme Folgen. Nicht Systeme sondern erfinderische Menschen in oder außerhalb dieser Systeme werden etwas bewegen. Leider sind Systeme dazu nur sehr bedingt in der Lage individuelle Visionen zu erlauben und zu unterstützen. Systeme mit Tradition und hierarchischen Strukturen sind äußerst schwerfällig und verhindern oft den Veränderungsprozess, leider. Menschen, die verändern werden oft als Bedrohung empfunden und dann konsequenterweise ausgegrenzt.

Es bedarf in jeder Gesellschaft der Menschen, die außerhalb von Systemen ihre Ideen entwickeln, also Außenseitern. Erfinder, Rebellen, Orginale, Denker und Dichter, Komiker und Querulanten, Gottessucher und Freimaurer, Naturwissenschaftler und freischaffende Künstler und die erfinderischen Pädagogen sind hier gefragt sich mit Kulturfragen zu beschäftigen, Visionen vorzubereiten, Bilder zu schaffen, Bücher zu schreiben, mit Forschungsergebnissen zu überraschen, zu experimentieren und Impulse zu geben, auf einer künstlerischen Ebene und in der Forschung Grenzen zu überschreiten und nach Möglichkeiten zu suchen, das Alte mit dem Neuen zu verändern, um frische Lebenswelten zu entwerfen und diese den Menschen anzubieten. Der Mensch ist nicht für die Kultur da, sondern umgekehrt, die Kultur gibt den Menschen die Lebensbasis.

Jeder, der künstlerisch tätig ist und jeder Mensch ist ein Künstler, auch der Schüler, der Fremde, der Alte, der Dumme, der Intellektuelle wird mit Symbolen und Ritualen in Berührung kommen und wird philosophieren, um sich die Welt zu erklären in der er lebt und leben muss. Diese Gedanken bewegen ihn, sei es im Gebet, das er spricht und im Glauben, den er lebt, im Bild, das er malt, im Gedicht, das er schreibt und alle diese individuellen Möglichkeiten und noch mehr tragen Bewegung in die kleine Welt. Es entsteht eine Wellenbewegung um jeden kleinen Stein, der ins Wasser geworfen wird. Das Gesamtwerk einer Gemeinde ist Kultur.

Das Zentrum meiner Ausstellung ist eine kleine Persönlichkeit, der kleine Prinz, der auf die Welt gefallen ist, mit einem verloren geglaubten Menschen spricht und wenn die Zeit auf dieser Erde um ist, zurück auf seinen kleinen Planeten geht. Die Figur des kleinen Prinzen entstand beim Malen als ich als kleine Persönlichkeit auf das aktuelle Weltgeschehen des 11. Septembers blickte. In der Figur des kleinen Prinzen ist der "unverdorbene Blick, der kindliche Blick auf die Welt" verborgen. Nichts von Macht, nichts von Regeln, nichts von Glauben, nichts von Gott und nichts von Kultur und Tradition, sondern nur Fragen nach dem Sinn des Tuns. Was tun wir, was tu ich, was tust Du, was tut ihr???? Was ist wirklich wichtig, damit wir nebeneinander leben können und vielleicht auch dann miteinander.

Nebeneinander und Miteinander - darin liegt eine grundsätzliche Frage: wie bewegen wir uns aufeinander zu? Wann können wir nebeneinander leben, wann müssen wir miteinander leben?

Nebeneinander ist ebenso wichtig wie miteinander - gleich müssen wir nicht werden und dürfen wir nicht werden und können auch nicht gleich werden.

Als Malerin habe ich mich ausgehend von der intensiven Beschäftigung mit Märchen immer näher zu Symbolen unserer Kultur gewagt, bis ich sie auf meine Weise begriffen habe. In meinen Bildern sind sehr oft Kreuze zu finden. Ich komme aus kleinbäuerlichen traditionellen katholischen Verhältnissen, aber ich bin "Gott sei Dank" aufgewachsen in der Freiheit der Natur. In dieser Wildheit/ Nichtzivilisation liegt meine eigentliche Heimat, nicht in den gesellschaftlichen Systemen, aus denen ich so oft heraus gefallen bin, sondern in der Tiefe des Waldes, in der Hitze der Ernte, in dem Leben mit den Tieren, im Umgang mit Feuer, Sturm und Vernichtung und in der harten täglichen Arbeit, die prägt und für klare Gedanken gut ist.

Das Kreuz mit dem Leben:

Das Kreuz ist mehr als das kirchliche Kreuz, das Kreuz in meinen Bildern ist meine kulturelle Zugehörigkeit, mein Weltbild, meine Werte, meine Einstellung zur Welt und auch meine Religion, meine Last, meine Schuld, meine Unschuld, meine Unsentimentalität, meine Realität, meine Art zu philosophieren, mein Ziel für meine geistige Entwicklung, ein Weg auf dem ich bin. Kreuze sind täglich meine Begleiter. Ich fühle im Symbol Kreuz mehr als der christliche Glaube vorgibt wie " Opfer und Kreuzigung, Abnahme, Grablegung und Auferstehung ". Kreuz ist ein Symbol für das Wesen des Menschen, der in seiner Natur verhaftet ist, aber ständig vor Entscheidungen steht sich in eine Richtung zu bewegen und wie oft hängen wir erstarrt am Kreuz, entweder selbst oder ans Kreuz gehängt worden von anderen. Kreuzweg ist für mich Reifebewegung, vielleicht auch im Vorbild von Jesus Christus wer so will, aber auch ohne diese Christusfigur ist das Symbol Kreuz kulturell verbindlich. Es gehört zur Kultur des Abendlandes, zu unseren Werten und Einstellungen, und auch, wer will, zu unserem Glauben an Gott.

So verstehe ich das Symbol Kreuz in meinen Bildern. Die Entwicklung in mir und die Suche nach einer neuen Menschlichkeit, denn die bisherige Menschlichkeit ist so oft, auch heute noch, auch in Deutschland, unmenschlich. In Hinblick auf die jetzige kulturelle Veränderung ist dieses Kreuz ein wunderbares Symbol. Auch Nichtchristen könnten sich darin finden, wenn es nicht von den Christen der Kirchen so elitär in Alleinbesitz in Anspruch genommen werden würde.

Nach einer sehr langen und intensiven Beschäftigung mit diesem kulturellen und meinem persönlichen Kreuz, meiner Erstarrung und der kirchlichen Erstarrung habe ich mir eine

Meinung gebildet, wirklich gebildet, in vielen Bildprozessen erarbeitet.

Durch diese Arbeit konnte ich in mir selbst die Prägung durch Symbole spüren und meinen Entwicklungsprozess durch die Veränderung der Symbole in meinen Bildern beobachten.

Erkenntnis 1:

Wenn wir uns ändern, dann ändert sich auch, wenn nur unmerklich aber tiefgreifend unser Symbolverständnis.

An meinen Arbeiten kann ich im Nachhinein feststellen, wie sich aus traditionellen Symbolen ein neues Symbol herauskristallisiert und für mich eine Bedeutung bekommt. Das war ein sehr langwieriger und bedrückender Prozess bis sich dieses neue Symbol andeutete. Die alten Symbole bleiben trotz des neuen Symbols. Durch das neue bekommt das alte Symbol auch eine Verdichtung seiner Bedeutung. Nichts geht verloren, sondern das Neue ist eine Erweiterung des verdienten Alten. Das Neue wächst aus dem Alten - wunderbar.

Erkenntnis 2:

Sich neu zu erfinden, ist über eine lange Zeit bedrohlich und muss ertragen werden.

Ende 2004 tauchte in einem Bild ein wirklich verändertes, erkennbar neues Symbol auf. Für mich war das eine wirkliche Überraschung, ein Ergebnis meiner jahrelangen Arbeit, aber ein Ergebnis, mit dem ich nie gerechnet hatte. ( Bild Symbol am Kopf eines Stieres). Dazu aber später genauere Erläuterung.

Sich aus dem kulturrelevanten Symbol des Kreuzes herauszuarbeiten gelang mir erst über die künstlerische Arbeit zu meinem persönlichen beruflichen Einbruch und dem kulturellen Einbruch, dem 11. September 01. Meine persönliche und die kulturelle Erschütterung fielen zeitlich zusammen und setzten etwas in mir in Bewegung. Eines ohne das andere hätte nicht diese Wirkung auf mich und mein Schaffen gehabt.

Erkenntnis 3:

Mein Gedankenschluss: Die Erschütterung des gewohnten Selbstbildes, der Identität und gleichzeitig die Erschütterung des Weltbildes zwangen mich zur Suche nach einer neuen persönlichen und beruflichen und damit auch nach einer neuen kulturellen Identität. Ich befand mich in einer umfassenden und bedrohlichen Identitätskrise schlechthin.

Meine Identität wurde zweimal attackiert. Die Bilder erzählen so meine Geschichte aber auch eine allgemeine Geschichte.

Es ist eine wesentliche Eigenschaft der Künstler, spiegelbildlich für die Gesellschaft an sich selbst und wenn möglich auch in der Gemeinschaft zu scheitern, Anpassung nicht aus Gewohnheit zu leisten oder nicht zu schaffen und so eigene Möglichkeiten des Überlebens ausprobieren zu müssen und diesen Prozess, diese Erfahrung und das Ergebnis den Mitmenschen zurückzumelden. Die Mitteilung des persönlichen Lebenskampfes - das ist mein Verständnis von Kunstnotwendigkeit und auch mein Beweggrund, mich mit derartig anstrengenden persönlichen und allgemeinen Kreuzweg-Prozessen zu beschäftigen.

Im Gespräch mit den Besuchern der Ausstellung " Der Tod des kleinen Prinzen" ergab sich die Bitte durch die Ausstellung zu führen, was ein Maler in der Regel nicht tut.

Aus dieser Führung entstand bei mir die Motivation und die Idee für dieses Projekt.

3. Das Projekt " Verantwortlich für kulturellen Frieden"

basierend auf der Ausstellung " Der Tod des kleinen Prinzen".

Die Bilder habe ich in einer intensiven Schaffensperiode ohne Kopfkorrektur und ohne Plan und ohne das Thema zu kennen, geschweige denn den Inhalt, hintereinander weggemalt.

Die Kontrolle darüber war mir völlig entglitten. Ich malte die Bilder zum ersten Mal in einem öffentlichen Raum mit vielen Besuchern. Auch das hatte einen Einfluss auf mich.

Das Manuskript war eine nachträgliche Betrachtung des Ganzen aus einem zeitlichen Abstand. Mein bebilderter Weg zeigte meine Geschichte und auch unsere Kulturgeschichte und warf einen Blick hinein in die Zukunft.

Auf welcher kulturellen Entwicklungsstufe stehen wir jetzt - was war vor 60 Jahren in Deutschland als ich geboren wurde - war der Kultwahnsinn des Nationalsozialismus vorbei - was hat er in uns " Deutschen" angerichtet und hinterlassen. Die Verführbarkeit des Menschen und der Massen durch Ideen, Führerfigur und Symbolismus ist ein uraltes Thema von Macht, Kampf, Gewalt, Krieg und Vernichtung. Doch wirklich aufgearbeitet wurde dieser Prozess nicht, vor allem bei denen, die mitgewirkt haben an Schreibtischen, in der Politik und in der Kirche. Es gibt und gab immer Krieg und es wird Kriege geben. Aber gibt es auch die Hoffnung, dieses gruppendynamische Horrorszenario in Zukunft zu vermeiden und die Begegnung der Volksgruppen und Stämme in kontrollierbare Bahnen zu lenken.

Das Verhaltensmuster "Krieg, um zu siegen " muss verändert werden. Es gibt natürlich noch weitere Absichten und Ziele für das Verhalten Krieg - ich beschränke mich auf das eine.

Veränderung von Mustern ist ein schwieriges Unterfangen, immer ohne den optimal gewünschten Erfolg, aber ohne diese ständigen Versuche wäre die Welt ein Schlachtfeld.

Ich freue mich über jeden Menschen, der in den vielen Situationen des täglichen Lebens dazu bereit ist in der Kommunikation auf Sieg zu verzichten aber nicht auf Auseinandersetzung. Wenn einer friedfertig handelt, eröffnet sich für den anderen die Chance, sich und seine Interessen durchzusetzen und zu siegen. Bereitschaft zum Frieden und der Mut zum Konflikt sind zwei Säulen, die zum kulturellen Dialog führen. Das Ziel der kulturellen Ergänzung ist nie erreichbar und ich denke darüber nicht nach.

Im Wesen ist der Mensch egoistisch und ein Volk ebenso, denn es geht um die Existenz, um Sicherheit und Unabhängigkeit, um Macht und Reichtum, früher und heute, und auch in Zukunft. Wir sind so und wir wissen das alle. In uns allen wirkt immer noch und in bedrohlichen Zeiten verstärkt der Satz " Blut ist dicker als Wasser!" Wir vertreten und verteidigen häufig ohne Überlegung die Gruppen, zu denen wir gehören. Familien- und Stammesdenken ist in uns und ist ein Bedürfnis, das befriedet werden muss.

Der Leistungswettbewerb im Sport spricht auch für diese menschlichen Befindlichkeiten wie Siegen und Verlieren, sich messen, sich kennen, sich durchsetzen usw.

Es gilt zudem in unserer Zivilisation, auch oder besonders in der Demokratie das Recht der Stärkeren, der Mehrheiten, der Reicheren, der Mächtigeren, der Gebildeteren..... und wie wollen wir in das Räderwerk der "stummen Gesetzmäßigkeit" eingreifen und was wollen wir verändern, wie? Bei uns oder bei anderen, mit oder ohne Gewalt, mit oder ohne Terrorismus? Welche Möglichkeiten haben wir überhaupt? Die Versuche von 1968 sind uns noch gut in Erinnerung. Wie funktioniert denn friedfertige Veränderung, wenn Veränderung nicht gewünscht wird von der Führungsebene?

Ich will keine Illusionen fördern und die Schwächeren zum Frieden verführen, sondern umgekehrt, ich will die Stärkeren verunsichern, obwohl es mir nie gelingen wird.

Eine Kultur des Friedens - Vermeidung von Krieg - könnte das ein Impuls sein, der sich im 3. Jahrtausend entfalten könnte?

Zumindest möchte ich diesen Impuls " in Bild und Wort" in den Raum stellen, ausstellen und aussprechen.

Zur Kultur des Friedens gehört nicht nur das ganz große Ziel "die Vermeidung von Krieg", sondern Vermeidung von Krieg wird erst möglich, wenn Gewalt zwischen Menschen obligatorisches Thema wird, also enttabuisiert wird. Jeder Mensch ist an Macht und Gewalt gebunden. Unter bestimmten Bedingungen ist jeder Mensch gewaltbereit, um sich zu schützen, seine Existenz zu sichern, sich zu wehren, sich zu versorgen und wie sich so oft zeigt, sich zu vermehren.

Wir Menschen sind und bleiben unberechenbar.

Das humanistische Menschenbild erlebt eine Erschütterung durch Terrorismus, Genozide, Hungersterben in Afrika, Korruption und Wirtschaftskriminalität, Verletzung der Menschenrechte, Konkurrenzkampf und Ausbeutung, Erschütterung der Sozialsysteme, Kampf der Religionen, Bedrohung durch Atomwaffen, Kampf um Rohstoffe, Klimabedrohung und sozialer Werteverfall. In den Grenzbereichen gibt es Kannibalismus, Kindsmisshandlungen, Kindesmissbrauch, Tötungen, Verhungern lassen, Amoklauf, und....

Der Mensch in der Moderne wird durchschaubar- sehr unangenehm. Politik wird kritisierbar - sehr unangenehm. Religion wird hinterfragbar - Gott mit uns, glaubt keiner mehr. Zusammenhänge werden sichtbar, Mythen werden entschlüsselt und Geheimnisse werden erklärt. Wir stehen mitten in einer Zeit der schonungslosen Aufklärung durch die Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung und durch die Informationsmöglichkeiten. Die Globalisierung, die Erreichbarkeit aller Länder, das Internet und viele andere Möglichkeiten sprengen die gewohnte kleine Welt. Unser Weltbild verändert sich rasant und viele Menschen werden unglaublich verunsichert und überfordert. Die Gesellschaften spalten sich auch nach innen in eine Gruppe, die mit dieser Veränderung Schritt halten kann und auch weiter vorantreibt und in eine Gruppe, die entgegenwirkt und Veränderung bremst. Ein Großteil der Menschen werden sich wie immer passiv in die eine oder andere Richtung drehen, um in diesen Zeiten überleben zu können. Zu denen, bei denen diese Menschen ihren Vorteil finden, werden sie "ja" sagen. Einerseits ist unsere Zeit eine Epoche für Fortschritt und Verbesserung, andererseits eine Zeit der Überforderung und der Bedrohung. In dieser inneren gesellschaftlichen Spaltung suchen die Menschen gern nach einem Feindbild, um von der eigenen Ohnmacht oder dem inneren Unrecht abzulenken. Es war vor 60 Jahren ebenso eine gesellschaftliche innere Spaltung, eine Suche nach einer Volksidentität. Das Feindbild wurde geschaffen - es waren die Juden, die lange schon in Deutschland lebten. Heute sind es die "Andersgläubigen aus muslimischen Ländern", die auch schon lange bei uns leben und geduldet wurden. Es besteht eine Parallele zu damals.

Wie lösen wir das Problem?

Haben wir Menschen in unserem Wesen betrachtet die Chance, die Wirklichkeit mitzubestimmen und zu gestalten. Ich glaube nicht, bin verzagt und bezweifle dies, aber es nicht zu versuchen, wäre verwerflich, denn wir werden danach bewertet werden:

Was hast Du versäumt? Und dann erst: was hast Du getan?

Es entsteht das größte Leid aus dem, was wir versäumen.

Die Entstehung von " Gewalt "beschäftigt mich seit 40 Jahren persönlich, beruflich und künstlerisch. Dabei richtete sich mein Blick immer mehr auf die Triebfeder der Trägheit, der Feigheit, der Gleichgültigkeit und mein Idealismus schwand mehr und mehr. Menschen sind selten Helden, selten mutig und selten ehrlich. Menschen haben Angst, streben nach Wohlstand, nutzen Menschen aus und jeder sichert seine Existenz, ich auch, wer nicht?

Es gibt keine Lösung für diese Frage - es wird immer so sein. Die Lüge und die Ungerechtigkeit ist ein sehr großer Teil dieser Welt. Wir in Europa leben auf Kosten der Entwicklungsländer und vieles mehr. Ungerechtigkeit, wo immer ich hinsehe, im Großen und im Kleinen.

Ich will aus diesem Grund keine romantischen Visionen verbreiten, eher eine melancholische Betrachtung in dieser Ausstellung wagen, auch meine Enttäuschung über das Wesen Mensch zum Ausdruck bringen. Melancholie ist die Trauer um eine verlorene Vorstellung, die in dieser Trauer immer noch, aber anders, bewegt. Dabei komme ich der Wirklichkeit näher ohne mich in dieser aufzugeben. Melancholie wurde zu meiner Einstellung dem Leben gegenüber. Ich versuche ein Bewusstsein für die Gewaltbereitschaft der oder jedes Menschen zu schaffen und aus diesem Bewusstsein eine Kontrollmöglichkeit, die als Hilfe und nicht als Druck empfunden werden kann.

Bilder zum Thema Gewalt

Sich mit dem Thema Gewalt zu beschäftigen, ist heikel, denn jeder Mensch ist unter bestimmten Umständen gewaltbereit und Gewalt erfährt jeder. Gewalt ist in vielen Formen Alltag und in Fernsehen, Filmen, Büchern Unterhaltung. Gewalt ist einfach spannend und nie langweilig. Es ist ein tiefes menschliches Bedürfnis, sich mit Gewalt zu beschäftigen, um das Leben zu bewältigen, d. h. die Gefahr, die vom Menschen ausgeht in Griff zu bekommen. Gewalt ist eine Form des menschlichen Verhaltens und allgegenwärtig im Zusammenleben.

Mensch sollte sich tunlichst mit Macht und Gewalt auskennen, sie rechtzeitig erkennen und sie nutzen können. Die Medien leben von dem Bedürfnis der Menschen über Gewalt alles zu erfahren und weiter noch, Gewalt zu steigern in Phantasien und Horrorszenarien.

Gewaltbilder sind Projektionsflächen eigener Angst, eigener Ohnmacht, eigener Gewalt und haben vielfältige Auswirkungen.

Gewaltbilder können entlasten, um in der eigenen Ohnmacht nicht gefangen zu bleiben - Stressabbau und kurze Zeit der Entspannung.

Gewaltbilder können einen Prozess eröffnen, ungeachtet in welche Richtung dieser geht.

Gewaltbilder können das eigene Bedürfnis, Gewalt auszuüben, befriedigen. Die Gratwanderung zwischen virtueller Befriedigung und tatsächlicher Ausübung ist sehr schwer einzuschätzen.

Gewaltbilder können das Bedürfnis nach Rache und Gerechtigkeit befriedigen und von der direkten Ausübung abhalten.

Gewaltbilder haben eine vielfache Wirkung, die konkret und differenziert erst in der Situation verbunden mit der Person im Nachhinein gewertet werden kann.

Das Verbannen von Gewaltbildern erscheint mir auf dem Hintergrund der Veranlagung des Menschen wie eine Verdrängung der Realität. Vielmehr sind eine gezielte Beschäftigung mit diesem Thema und der Einsatz von pädagogischen Methoden eine Herausforderung, diesem zweifellos wichtigen Thema gerecht zu werden. Harmoniestreben und soziale Verantwortung für den Nächsten reicht nicht aus, wenn die Bedürfnisse nach Dominanz und Macht und andere egoistische Ziele nicht ernst genommen werden. Die Erziehung zum " sozialen Menschen" gelingt nicht - der Mensch braucht und nimmt sich Macht, wenn er kann und wir alle wissen, wie verführerisch das Machtgefühl ist, vor allem für Menschen, die mit aller Kraft und auch Gewalt nach der Macht streben.

Die Sehnsucht nach und die Plage mit der Macht?

Also stellt sich die Frage immer wieder neu: Wie geht der Mensch mit Macht um? Wann, warum und wozu wird er gewalttätig? Es gibt eine Kategorie von Fragen, die Mensch besser nicht stellt, wenn diese Fragen die "grausame Seite" des Menschen betreffen, meine und deine, nicht die anonymen, weit draußen, fremden dunklen Seiten, sondern wirklich deine und meine Gewaltbereitschaft, Gewalt in Beziehungen, in Familie, in Schule, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis.....

Da die eigene Gewaltbereitschaft meistens ein persönliches " Geheimnis" ist, für das früher der Beichtstuhl der Besprechung- und Entschuldigungsort war, müssen nun andere Reflexionsmöglichkeiten gesucht werden, um für jeden Menschen eine Reflektionsmöglichkeit und wenn nötig eine Kontrollmöglichkeit anzubieten. Die religiöse Kontrolle muss durch ein soziales Instrument ersetzt werden - ohne Kontrolle ist der Mensch unberechenbar, jeder zu unterschiedlichen Anlässen und in bestimmten Entwicklungsphasen, der eine mehr, der andere weniger. Gewaltfrei ist niemand!

Wie dieses Instrument aussehen kann, bleibt unserem Erfindungsgeist überlassen. Ich denke hier in eine kreative Richtung, vielleicht auch unter Einsatz von Computerspielen oder anderen Plattformen. Hier muss wirklich Neues gefunden werden, um Werte neu zu beleben und eine Basis für die Gemeinschaft zu finden.

Die Psychologie und Psychotherapie hat versucht, die "Probleme" aufzugreifen und zu heilen. Therapie ist zwar ähnlich einem Beichtstuhl "geheim", doch der Therapeut ist nicht göttlich, nicht unfehlbar und keine spirituelle Instanz. Die Beziehung Therapeut und Klient ist und bleibt menschlich und gewiss auch eine Modeerscheinung und Verdienstmöglichkeit im Gesundheitswesen. Ich vertraue nicht dieser Methode, weder dem Therapeuten noch dem zu Therapierenden. Der Mensch ist als Einzelperson nur sehr begrenzt therapierbar. 

Meine Idee ist, durch neue Einrichtungen und Methoden beginnend im Kindesaltern durch Bewusstmachung und Einsicht, Selbstkontrolle zu entwickeln. Natürlich braucht man dazu Konzepte und auch Initiatoren und viele Menschen, die diese Wege umsetzen.

Aus diesem Gedanken heraus war für mich die Verbindung von Kunst, Kultur und Bildung/Erziehung ein Weg, das Thema Gewalt zu beleuchten. Menschsein, Leben und Lebenslagen, Aufklärung ohne Vorwurf, Bewusstsein, Selbstbild und Weltbild und vielleicht die Motivation zur Selbstkontrolle. Das Wissen über soziale Prozesse müsste zur Selbstverständlichkeit werden, wie der Führerschein zum Autofahren gehört, Wir haben Gesetze, ja und Gott sei Dank, aber wir haben keine modernen moralischen Anlaufstellen.

Das Buch " das Geißlein in der Uhr" verlegt 2001 greift dieses Thema für den Vorschul- und Grundschulbereich auf, beinhaltet Geschichten und Spiele, basierend auf dem Märchen " der Wolf und die sieben jungen Geißlein".

Die Fragen und Antworten zu diesem heiklen Thema können in einem Bild sein - dafür die Kunst. Zwischen Mensch und Bild entsteht ein Dialog, ein Spiel von Fragen und Antworten, ohne störende Gefühle von Angst und Scham durch Entdeckung.

Nicht so sehr die verstandesmäßige Diskussion oder die Belehrung, sondern vielmehr der innere unhörbare Dialog führt zur Einsicht und die Einsicht zur Bereitschaft, sich zu verändern. Philosophieren hilft und Philosophiermöglichkeiten müssen angeboten werden, wirklich müssen. In Familien wird erzogen, der Alltag geregelt. Philosophieren mit den Eltern geht häufig nicht oder nur selten, aus verschiedenen nachvollziehbaren Gründen. Der Kunstunterricht/ Ethikunterricht kann bedingt Philosophierstube sein. Beim Malen können die Schüler ihre Gedanken ausdrücken, mitteilen, aufnehmen, austauschen, korrigieren, angleichen usw. Mit den Bildern reden, ohne sie zu zerlegen, kann sehr hilfreich sein, mit seinem Leben und den Schwierigkeiten zu recht zu kommen und zu reifen. Mir wäre es am liebsten, offene Anlaufstellen zur Werteentwicklung einzurichten mit unterschiedlichen Fachleuten und Angeboten.

Die Macht der Bilder einschließlich der Gefahren liegt in der Wirkung auf Gefühle und nur Gefühle können einen Menschen wirklich bewegen, sich zu entwickeln oder sich zu verändern.

Bilder, die über Gefühle in die Seele hineinwirken, erreichen den Mensch in seiner spirituellen Wesenstiefe, den Bereich, in dem der Mensch erkennt und einsieht, besser umgekehrt, hineinsieht und sich erkennt. Bilder erreichen den Menschen in der Sehnsucht zu lieben, aber auch in seiner Sucht zu hassen. Mit dem Herzen sehen macht sehnsüchtig und sehnsüchtig macht bereit für das Ersehnte.

In diesem Zusammenhang ist eine Verbindung von Religion und Kultur zu untersuchen. Beide Bereiche gehören zueinander und sind doch in wesentlichen Punkten eigenständig.

Die Religion ist m.E. nicht Kultur, sondern eine Art kulturelle Pforte zur Spiritualität. Religion ist für mich Pforte, und der Pförtner kann aus verschiedenen Religionen kommen. Spiritualität hilft den Menschen sich zu öffnen für eine andere Welt, für die geistige Welt. Dazu braucht der Mensch wieder die Symbole und Rituale seiner Kultur, seine Vertrautheit, seine Sicherheit, seine Gleichheit mit anderen in religiösen Symbolen und Ritualen. Das Ziel der verschiedenen Religionen könnte gleich sein, die Pförtner sind eben unterschiedlich mal katholisch, mal jüdisch, mal muslimisch oder buddhistisch, hinduistisch und und und..

In dieser Pforte mit samt dem Pförtner sehe ich die große Gefahr und die große Chance der politischen und kirchlichen Führer, Religionen zu benutzen für Manipulation und kriegerische Zwecke. Die Verführung der Menschen gebunden an Religion wurde in der Geschichte oft praktiziert und funktioniert doch immer wieder. Die Pförtner haben eine große Verantwortung ihre Aufgabe zum Wohle der Menschen zu meistern und das Leben zu schützen und nicht anzubieten.

Religionsfreiheit - ein Schlüsselthema auch in der Ausstellung?

Religionsfreiheit - eines unserer Grundgesetze.

4. Wirkung meiner Bilder auf den Betrachter

Meine Beobachtungen während der Ausstellungen kann ich einbringen.

Frauen verlassen den Raum, weil sie die Bilder nicht aushalten - vielfach passiert.

Ich werde attackiert, dass häufig "Teuflisches" in meinen Bildern ist - abschreckend - christlich und teuflisch - Trennung von Gut und Böse, häufig passiert.

Ich werde gefragt, ob ich noch schlafen kann - ich werde bemitleidet.

Mir wird unterstellt, einen harten männlichen Pinselstrich zu haben - unweiblich.

Männer sehen interessierter, länger und entspannter die Bilder an.

Sie stellen Fragen und interpretieren nicht so stark emotional wie Frauen.

Jugendliche betrachten interessiert, erschrecken nicht, sprechen mit mir, loben mich oder sie gehen ins Extrem bezogen auf die christliche Kultur/ Satanismus, malen schwarze Kreuze ins Besucherbuch, sind sehr laute Betrachter und ziehen die Aufmerksamkeit auf sich über meine Bilder. Sie reagieren sich ab, sie fühlen sich hinein, sie lassen mit sich reden, sie reagieren auf das Thema. Man könnte viele Fragen vertiefen und als Möglichkeit nehmen Prozessdenken und Entwicklung zu vermitteln.

Während der 1. Ausstellung in Rosenheim zum Jahrestag des 11. September und trotz Einladung ausgehend von der Stadt kamen keine Geistlichen ( außer die vom runden Tisch, deren Verpflichtung es war), keine Lehrer, keine Klassen. Warum, nur schlechte Organisation - nein - gesellschaftliche Vorsicht/ was tut der andere.

Institutionen haben eine große Hemmschwelle zu überwinden - sie sind Träger der gültigen Kultur und wer wagt den ersten Schritt hinaus? Anrufe bei der Stadt - die Ausstellung ist stoiberfeindlich/ wieso?

Diese Aktion " Miteinander leben" war für Rosenheim wirklich eine Herausforderung und wurde zur Überforderung - danach ist alles sehr schnell eingeschlafen und es war, als hätte es diese Aktion nicht gegeben. Es gab weder eine Nachbesprechung, noch irgendeinen Abschluss oder eine Anerkennung in irgendeiner Form. Ich habe mit den Besuchern der Eröffnung ein Bild zum Thema Frieden gemalt und es im Nachhinein fertig gestellt. Es hängt zur Erinnerung im Jugendamt. Die Symbole und Zeichen der Besucher zum Thema waren vorwiegend kindlicher Natur, Herzen, Tauben, Rosen usw. Die Annäherung an das Thema und der Versuch, eine bildliche Aussage unter den Augen von anderen zu machen, waren sehr zögerlich. Während der Ausstellung sprach kein kath./ev. Geistlicher mit mir, auch kein Lehrer. Der Imam mit seinem offiziellen Gefolge war der einzige, der respektvoll auf mich zukam, lange mit mir sprach und mir Anerkennung gab. Er sprach kein Deutsch und hatte einen Übersetzer. Der Dialog zwischen den Religionen funktionierte bei der Eröffnung überhaupt nicht. Mir wurde sehr deutlich vor Augen geführt, welche Hilflosigkeit zwischen den Kulturen herrscht, v.a. auf unserer Seite, vor allem bei Mandatsträgern, bei den Geistlichen selbst.

Warum ist das so?

Welche Wirkung hatten meine Bilder?

Bilder können auch dazu beitragen, das gefährliche Thema totzuschweigen, zu ignorieren, weiter zu verdrängen und jede Veränderung zu unterbinden. Bilder können auch Verdrängungsprozesse auslösen und verstärken. War das Ereignis 11. Sept. zeitlich zu nahe. Der Termin/ Jahrestag sorgte sogar für Streit im Stadtrat. Ich glaube, viele Organisatoren haben bereut, diese Aktion ausgehend von meiner Ausstellung in Gang gesetzt zu haben.

Es war ein Strohfeuer.

Die Bilder wurden im allgemeinen über 3 Monate ignoriert, sowohl von den einzelnen Besuchern als auch von den Bildungseinrichtungen. Wenige waren bereit, sich darauf einzulassen, sehr wenige. Die Fachleute des runden Tisch hatten keinerlei Fragen zu mir und den Bildern gestellt. 

Ich suchte, bestärkt durch diese negative Erfahrung, weiter alleine nach anderen Möglichkeiten der Ausstellung.

Nach unzähligen Versuchen an verschiedenen Stellen gelang es mir, die Unterstützung von der Europaabgeordneten Frau Dr. Niebler zu bekommen. Sie versuchte, die Bayr. Staatsregierung zu gewinnen oder andere politische Gruppierungen -überhaupt kein Erfolg. Sie erläuterte mir die Finanzierung von Bildungsprojekten durch EU-Mittel und begrüßte die Verbindung von Kunst, Kultur und Bildung. In diesem Zusammenhang bot ich die Ausstellung den Lehrerfortbildungsinstituten an und nun bin ich hier in Heilsbronn. Natürlich habe ich eine Absicht und ein Ziel. Ich möchte Sie überzeugen von meiner Idee, von meiner Arbeit und ich möchte Ihnen ein Angebot machen, wie die Ausstellung/ das Projekt im Bildungsbereich verwendet werden könnte. Zu allererst möchte ich Ihnen den allgemeinen Rahmen dieser Ausstellung aufzeigen.

Die Ausstellung hat einen ganzheitlichen Ansatz, in dem Zusammenhänge sichtbar werden

nicht allein Terrorismus/ 11. Sept.01 ist die alleinige Bedrohung in dieser Zeit,  sondern auch der derzeitige Umgang mit der Natur gefährdet unsere Welt ebenso kommt seit langer Zeit ein stummer Schrei aus vergessenen Kontinente/ Afrika. Bei unserer eigenen Geschichte können wir anfangen/ Deutschland als Beispiel für Verführbarkeit der Menschen - Missbrauch der Jugend - Wahnsinn der Ideologie. Die Vielfalt des Blickwinkels entspricht dem Globalisierungsprozess und der Informationsgesellschaft - daraus ergeben sich neue Verantwortlichkeiten. Der kleine Prinz ist eine Imagination für persönliche Verantwortung, die vermittelt, dass jede Person ein Teil der großen Welt ist, keiner sich seiner Verantwortung entziehen kann und dadurch die Hoffnung auf eine bessere Welt entsteht und von Menschen verwirklicht werden kann in seinem unmittelbaren Umfeld. Die Ausstellung/ das Projekt ist mein Beitrag, über sich und die Welt nachzudenken, umzudenken, sich zu engagieren, Herz zu zeigen, aufeinander zuzugehen und zu handeln.

Wie ist diese Ausstellung für den Bildungsbereich einsetzbar

In erster Linie ist das Manuskript/ Ausstellung für Fachkräfte im Bildungsbereich mit dem Ziel zu sensibilisieren für Gewaltprozesse systemischen Ursprungs zu philosophieren und kulturelle Bedeutungen und Einstellungen zu beleuchten und Impulse zu geben für Ideen und Methoden. Die Lehrer/ Pädagogen sind Multiplikatoren, die die Jugend vorbereiten für die Gesellschaft. Die kulturellen Probleme können nicht allein den Familien überlassen werden. Sie sind damit weit überfordert und es ist eine der wichtigsten Aufgaben eines Staates, sich um Kultur und Jugend zu bemühen. Die Politiker zu erreichen, habe ich mehrfach versucht. Das Auswärtige Amt schrieb 2002 " die Ausstellung sollte bundesweit gezeigt werden". Mit Politikern über Symbolik zu sprechen, wäre sicher notwendig, aber nicht möglich.

Der Aspekt "Macht der Bilder" bezogen auf kulturelle Begegnung, müsste Politikern klar sein. Sie treffen die wichtigen Entscheidungen und wie bilden sie sich oder was bilden sie sich ein? Welche Bilder haben sie in ihren Köpfen? Es wäre für mich sehr sehr spannend mit unseren Politikern zu reden. Herr Beckstein schrieb mir zurück: es ist ganz schön, die Welt mit Kinderaugen zu betrachten. Naja, seine Meinung!!

Thematische Schwerpunkte der Ausstellung

Der Tod des kleinen Prinzen - Projekt "Verantwortlich für kulturellen Frieden"

Philosophischer Schwerpunkt:

Der kleine Prinz ist eine kindliche oder auch nicht erwachsene Figur, die einfache Fragen stellt in dieser hoch komplizierten Welt. Der kleine Prinz führt den Menschen heraus aus dem großen unlösbaren " Weltkonflikt" hin zu einem einfachen direkten Leben in einem märchenhaften Kontext. Die Geschichte und die Figur vereinfacht und beruhigt.

Die Figur ist für jeden Menschen welcher Kultur auch immer eine " nicht" mächtige Figur. Sie betrachtet die Welt der Menschen und stellt seine Welt gegenüber ohne erhobenen Zeigefinger, in ungewöhnlicher Aufrichtigkeit.

Der kleine Prinz ist eine Figur des vielseitigen Dialoges, mit sich selbst, mit dem Nächsten, mit dieser Welt, mit der anderen Welt des Jenseits.

In dieser Figur öffnet sich eine Verbindung von ich und du, eine Beziehungswelt und eine Verbindung von Erde und Stern und am Ende eine Verbindung von Leben und Tod. Die Geschichte ist eine vielseitige Metapher. In dieser Geschichte hat auch das Leid verletzter Menschen Platz, weil das Wesen des Prinzen unschuldige Menschlichkeit ist und gleichzeitig die Sehnsucht des Menschen nach Mitmenschlichkeit. Menschen, die durch Menschen Leid erlebt haben, können in diese Figur ihr Leid hineinlegen. Sie können philosophisch trauern, denn menschliche Grausamkeit kann der Mensch nicht immer psychologisch verarbeiten. Manches Leid sprengt die Grenzen des Menschen und für manches Leid gibt es keine Worte. Das Leid, das Menschen Menschen böswillig zufügen und das mit der die Gefahr des Todes verbunden ist, muss im Überlebensfall mit einem neuen tieferen Sinn verbunden werden. Nur so kann der Mensch weiterleben. Es ist ein spiritueller Weg, den die Figur anbietet. Es ist der Blick auf einen fernen, vor menschlicher Grausamkeit sicheren Stern, auf eine erweiterte Geborgenheit und eine Fülle von Trost. Die Figur weist auf eine mögliche Veränderung des Menschenbildes hin oder und auch auf die tägliche Erneuerung des Selbstbildes. ( Sternenbild) Sterne sammeln ist, an Liebe glauben, auf sie hoffen, Gelegenheiten sehen, sich Zeit nehmen, sich nicht zu wichtig nehmen, Hände und Herz öffnen, bescheiden werden, leicht werden im Vertrauen, Hilfe nehmen und geben, verzichten und teilen, sich freuen und mitleiden. Auf diesem Weg kann der Mensch friedlich sein und üben friedlich zu werden.

In dieser Figur sind viele Aspekte der christlichen Botschaft und ich glaube auch, der islamischen Botschaft.

Wir sprechen von Werteverfall und stehen überrascht und handlungsunfähig vor dieser immer wiederkehrenden Herausforderung der Gesellschaft. Wahrscheinlich haben sich die Menschen wieder verirrt, miteinander verstrickt, sich schuldig gemacht, Ungerechtigkeiten den Vorzug gegeben, andere kulturell ausgegrenzt, die Natur ausgebeutet, Kriege geführt und so weiter.

Der 11. September 01 war der geschichtliche Auftakt zur Besinnung und Auseinandersetzung auf einer breiten Basis. Die Welt ist erschrocken. Ich auch.

Auch in kleinen Welten, der Welt unserer Kinder, finden wir Anlass genug, uns zu besinnen, Kinder nicht auszugrenzen, Chancengleichheit nicht nur versprechen, mit unterschiedlichen Begabungen umgehen, Nöte der Kinder wahrnehmen, Kindsmisshandlungen entgegentreten, Zivilcourage zu wagen und so fort.

Ganz zu schweigen von dem Umgang mit der Natur, den unnötigen Qualen der Nutztiere.

Wir stehen vor einer riesengroßen Herausforderung unser Verhalten zu ändern, jeder von uns und täglich neu.

Wir haben uns ausgeruht, unzureichend gearbeitet, geschlafen, im Überfluss gelebt, ausgebeutet, über unsere Verhältnisse gelebt, betrogen, ausgenutzt, Reichtum gescheffelt, Beziehungen verletzt, Kinder verlassen, Partner betrogen, Vergnügen gesucht, gelogen, getrickst, gleichgültig gewesen, Unrecht geduldet und so weiter

Es ist höchste Zeit, uns zu besinnen auf Mitmenschlichkeit.

Abschluss

Wie kann die Ausstellung und das Manuskript in Schulen verwendet werden? In erster Linie ist dieses Manuskript für Lehrer und Pädagogen, die sich mit diesem Thema zuerst befassen müssen, um ihr reflektiertes Wissen weiterzugeben.

Pädagogen im Bildungsbereich tragen eine hohe Verantwortung bei dieser kulturellen Veränderung. Ihr Beitrag muss darüber hinausgehen, ob und wie das Kopftuch stört oder das Kruzifix auf- oder abgehängt werden soll. Interessantere Ideen und Methoden, erreichbare und sinnvolle Ziele, kreative Methoden müssen von engagierten Pädagogen formuliert und angeboten werden. Wo sind die Leidenschaften der Pädagogen?

Ich kann mir z.B. vorstellen, dass jeder Schüler, angefangen von der 1.Klasse eine Kulturmappe erhält, in der er im Laufe der Schulzeit seine kulturellen Erfahrungen, seine kulturellen Beziehungen, Bilder, Gedichte, Geschichten usw. sammelt. Diese Kulturmappe kann je nach Schulstufe neue Inhalte bekommen. Ein Konzept für den Kulturunterricht könnte entstehen.

Der Schüler hat einen Überblick über seine kulturelle Entwicklung und kann sich austauschen. Kulturelle Entwicklung müsste etwas "Offenes" sein, das keinem Tabu unterliegt - es dürfte auch Störungen geben, über die man sprechen darf. Rasse/ Abstammung und Kulturzugehörigkeit ist das Tabu unserer Zeit - wir werden lernen müssen, darüber zu reden, um Vereinbarungen auszuhandeln, die zur Wirklichkeit werden und das Leben der Menschen erleichtern und bereichern, ähnlich wie beim Tabubruch zur Sexualität. Kultur sollte Freude machen.

Wenn unsere Generation nicht mehr ist, werden wir geschichtlich von einer veränderten Kultur bewertet. Nichts bleibt so wie es ist. Wir müssen die Zeichen der Zeit erkennen und nutzen. Es ist auch an der Zeit, außer Englisch und Französisch andere Sprachen zu lernen, zumindest ein Grundwissen. Auch das ist kulturelle Offenheit und aktives Entgegenkommen. Nicht nur Deutschland, ganz Europa steht vor einem kulturellen Problem. Je besser wir " Deutsche" lernen mit Kulturveränderung umzugehen, um so größer sind auch unsere Lebenschancen nach der Zeit des kulturellen Umbruchs. Das wäre ein kreativer Prozess des Wachstums, der Bereicherung, der Integration und der neuen Kultur. Nicht die Forderung, die anderen sollen sich unserer Kultur angleichen bringt uns in Sicherheit, sondern die Erweiterung von Lebensmöglichkeiten für uns und für die, die zu uns gekommen sind.

Das ist meine Meinung.

Ich werde gern mitarbeiten.

Christa Ulmer- Thurn

Überleitung zum analytischen Schwerpunkt

Die Bedeutung von Symbolen

Jede Kultur hat ihre Symbole und ihre Mythen. Der 11. September war ein Angriff auf ein wichtiges Symbol W.T.C. von Amerika und es war beabsichtigt, das Land in seinen wirtschaftlichen und kulturellen Kontext zu attackieren.

Der 11. September war ein Angriff mit Symbolcharakter.

Die Initiatoren dieses Angriffs wissen genau, was sie tun - sie wissen um die Wirkung einer symbolischen Inszenierung. ( Bild symbolische Inszenierung ) Symbole sind allgemeinverbindliche Träger von geschichtlichen Erfahrungen, Werten und den damit verbundenen menschlichen Gefühlen. Symbole gehören zur Identität eines Volkes. Mittels dieser Symbole ist der Austausch von Gefühlen und Informationen möglich - die Menschen suchen und finden so ihre Zugehörigkeit und ihre Sicherheit in dieser Gruppe. Auf diesem Hintergrund werden Rituale gestaltet, an denen die Menschen teilnehmen. Menschen brauchen diese kulturelle Anbindung, um sich nicht zu verlieren. Psychische Erkrankungen und Suchterkrankungen nehmen zu in kulturellen Krisen. Werden kulturelle Symbole attackiert, so ist dies ein emotionaler Angriff auf das Volk mit der Wirkung der Bedrohung, der Erniedrigung und Vernichtung.

Diese symbolische Inszenierung löste eine Flut von Gefühlen aus - eine bewusst gestaltete Aktion mit beabsichtigten Reaktionen.

Amerika war symbolisch getroffen. Der Angriff traf das Land und er traf jeden Amerikaner persönlich. Des weiteren wurde die zentrale Stellung in der Welt als Wirtschaftsmacht attackiert und lächerlich gemacht. Amerika wurde vorgeführt. Amerika stand als entmachtete Weltmacht in der ganzen Welt zur Disposition. Die gesamte Welt musste sich neu positionieren, d.h. es wurde ein Prozess eröffnet, der die ganze Welt einschließt, zeitgleich mit der wirtschaftlichen Globalisierung.

Die Wirkung des 11. Septembers ( Beispiel Amerika)

Amerika muss sich aus einem schockähnlichen Zustand herausarbeiten. Das Geschehen in seiner ganzen Tragweite zu erfassen ist noch nicht möglich. Das Nötigste muss erst getan werden, denn die Menschen ringen um ihre nationale und emotionale Sicherheit. Amerika hat sich in diesem Geschehen verstärkt als Nation gefunden und erlebt. Amerikaner erleben in der Zerstörung eine Erneuerung und Verstärkung ihrer Zusammengehörigkeit. Amerika handelt aus dem Geschehen des 11. Septembers heraus. Die Ausstellung soll keine politische Stellungnahme für oder gegen Amerika sein. Es war ein Anlass für mich über Symbolik nachzudenken.

Die symbolische Inszenierung hat die Welt und die Menschen in Bewegung gesetzt.

Die Märtyrer in Gottes Namen ---Ritual des Opfers/ Selbstmordattentäter?

Krieg im Namen Gottes - ein archaisches immer wiederkehrendes Thema.

Was hilft uns weiter?

Ein neues Verständnis für die Symbole der Kulturen?

Ein neues Verständnis im Umgang mit Symbolen, gültig für alle Kulturen?

Ein neues Verständnis für Religion?

Eine Welt-Verständigung über Gott, in dem verschiedene Religionen Platz haben?

Globalisierung der Religionen?

Was ist Aufgabe der Kirchen für das neue Jahrtausend?

Ein neuer Mythos " die Achse des Bösen" ist aus dem 11. September entstanden.

Der Teufel wird scheinbar konkretes Thema, konkreter als Gott.

Der Papst wird wichtig - mit ihm die Symbole und Rituale.

In all diesen Themen liegt Schwere, liegen Dramen, liegen Opfer, liegen Schuld und Sühne.

Diese Themen sind belegt von den Schatten der Vergangenheit, Kreuzzüge, Opfertode, Genozide, Holocaust, fürchterliche Grausamkeiten, alles im Namen Gottes. Brauchen Menschen diese Dramen, diese schmerzbeladenen Symbole und Rituale für ihre kulturelle Entwicklung und gegenseitige Abgrenzung?

Der kleine Prinz hat keine Symbolschwere, eher eine Symbolleichtigkeit.

Licht- und Schattenseiten der Symbole - eine zeitgemäße Frage, die zwischen Muslimen und Christen steht. Sich diesen Fragen zu nähern, darüber nachzudenken ist ein vielleicht gemeinsamer Weg aus Symbollast und Symbolfixierung.

Symbolschwere grenzt ein, bindet fest?

Symbolleichtigkeit beinhaltet größere Freiheit und mehr Lebendigkeit?

Je dichter die Symbollast ist, umso größer ist der Kulturzwang?

Je größer der Kulturzwang, umso größer die Gefahren und heftiger die Konsequenzen?

Symbole, die aus einem kulturellen Gewaltprozess z.B. Hakenkreuz entstanden sind, wirken weiterhin. Sie bewirken, dass sich Menschen mit einer schwach ausgeprägten oder noch nicht entwickelten Persönlichkeit, die Orientierung brauchen, sich zuwenden und unterordnen. Menschen sind verführbar und fixierbar durch starke übermächtige gefühlsträchtige Symbole. Sich einem gewohnten Symbol zu entziehen ist ein innerer mühevoller Entwicklungsprozess.

Wie verändern sich Symbole?

Die Kraft, Naivität und Lebenslust der jungen Generation wird für völlig Neues Überraschendes sorgen, während sich die symbolgeprägten Menschen mit Traditionen herumplagen. Die Traditionen werden gepflegt, um die Kultur zu bewahren. Kulturelle Veränderung ist auch ein Generationsproblem. Symbole und Rituale verändern sich mit den Generationen.

Ich vermute, dass die Mode der Jugend das Symbol des Kopftuches weit mehr entschärfen wird als dies Diskussionen und Gesetze tun. Das Kreuz ist bereits Modeschmuck geworden, warum nicht auch das Kopftuch. Es ist zumindest ein nicht kriegerischer Symbolgebrauch.

Mode ist Symbolleichtigkeit, nicht zu unterschätzen oder gering zu schätzen in ihrer Wirkung.

Mode ist mehr als "Klamotten" - zumindest aus diesem Blickwinkel.

Mode geht leicht mit Traditionen um, Mode spiegelt die kulturelle Veränderung.

Alle Einflüsse zusammen werden zu einem neuen Ergebnis führen.

Das Leben ist Gott sei Dank unberechenbar und vielfältig.

Für mich gilt: in Umbruchszeiten, wo das Alte noch wirkt und das Neue vor der Türe steht, sollten wir versuchen, Schaden zu begrenzen und eine gewaltsame Konfrontation so weit es möglich ist, zeitlich nach hinten zu schieben und dadurch zu vermeiden.

Die Zeiten werden sich ändern, aber wir Menschen leben kurz und glauben, alles erleben zu müssen.

Wie ein Künstler, der sein Ergebnis aus seinem Prozess auch nicht kennt und von eigenen Symbolempfinden ausgehend schafft, so werden die Menschen der verschiedenen Kulturen in ihrem Gestaltungsprozess auch von Symbolempfinden ausgehen und sich weiterentwickeln, wohin ist nicht absehbar. Die Integration in eine andere Kultur oder die Vermischung von Kulturen wird auch über die Symbolik geschehen. Symbole einfach zu wechseln, ist nicht möglich, Symbole zu entschärfen, bestimmt, und eine langsame Vermischung ist nicht aufzuhalten. Neues ist wirklich neu, Altes ist im Neuen aufgehoben. Es verschwindet nicht, ist nicht verloren, es ist integriert und bleibt auf diese Weise wichtig, wertvoll und förderlich.

Veränderung meiner Symbolik in meinen Bildern:

ich bin christlich geprägt und so waren in meinen Bildern Kreuze ein immer wiederkehrendes Zeichen. Das Kreuz hat seinen Stellenwert und seine Form langsam verändert, bis im Dezember 04 ein völlig neues Zeichen auftauchte: auf dem Kopf eines Stieres ist ein X-förmiges geweitetes Zeichen, mit der Andeutung einer Richtung, so dass die Gegenbewegung Gewicht bekommt. Vom Mond-Stier, der aus oder mit der Akropolis hinab ins Meer steigt, geht ein Lichtschein zusammen mit einer Flutwelle aus dem Meer hinauf in das Weltall und das Wasser berührt einen Teil der Erdkugel. Eine Sphinx schaut hinaus durch 3 Bögen auf das Meer, aus dem eine Flutwelle ins Vordere des Bildes kommt und den Kreis schließt. Das Bild mit dem neuen Symbol wurde 14 Tage vor dem Seebeben in Asien entworfen. Erst durch die Bilder im Fernsehen, nach 3 Tagen, bemerkte ich die Ähnlichkeit zwischen dem Bild und dem Ereignis. Dieses Beispiel von mir zeigt mir, wie in Symbolen Wissen, Gefühle und Visionen verborgen sind oder auch nur hineininterpretiert werden. Die Ähnlichkeit ist nicht wegzudiskutieren, aber ich bin keine Hellseherin. Ich habe hochsensible Symbolantennen und eine innige Nähe zum Meer.

Dieses Bild ist Zufall, ein Zusammenfall von Weltbild und Selbstbild.

Danach entstand das Bild " WeltenKreuz" und das dazugehörige Gedicht " nichtopfern ist lieben". Das Symbol Kreuz hat nun für mich eine erlösende Bedeutung bekommen, ein langer Weg, diese Bedeutung zu finden und zu verstehen und vielleicht manchmal danach zu leben.

Das Symbol kann nun auch ohne die Person Jesus Christus in meinem Leben wirken.

Erlösung ist, sich nicht auf Kosten des anderen Menschen Vorteile zu verschaffen. Die Lebenskraft des anderen wird dadurch geschmälert, ganz einfach, praktisch und tag täglich.

ich bin reicher, wenn ich dich ärmer mache

ich bin schöner, wenn ich dich hässlich mache

ich bin klüger, wenn ich dich dümmer mache

ich bin stärker, wenn ich dich schwächer mache

Hoffentlich bin ich ein Stückchen reifer geworden.

Ich kann mir vorstellen, dass diese Kreuzbedeutung bei jungen Menschen ankommen würde. Wir brauchen mehr praktische und moderne Bedeutungen.

Ein anderes Beispiel für die Symbolwirkung:

Symbolische Inszenierung des Nationalsozialismus

Hakenkreuz und die Bedeutung unter Hitler - Bild Nachkriegszeit

Ritual des Hitlergrusses - Bild Galgensieg

Arischer Größenwahn - Bild Hitlerhirn

Bedingungslose Loyalität - Bild Perlenratte

Die Bewältigung der Vergangenheit durch kritischen Umgang mit den dazugehörigen Symbolen und Ritualen, ist das geschehen? Ist das Hakenkreuz mit einem Tabu belegt? Wenn, dann ist es für die Zukunft "bewahrt" und wieder abrufbar bei Bedarf. Ist das alltägliche Ritual " Heil Hitler" hinterfragt worden in den Gemeinden? Nein. In diesem Zusammenhang würde ich gerne die "Schuldigkeit des deutschen Volkes" beleuchten aus der Sicht der Nachkriegsgeneration.

Ist der stillschweigende Symbolwechsel gelungen? Nur bedingt, bei Weitem nicht vollständig.

Die bedingungslose Loyalität mit den Werten Pflicht und Gehorsam gegenüber dem Führer für Volk und Vaterland, ist in dem Symbol verschlüsselt. Das alte germanische Sonnenzeichen Hakenkreuz hat eine eindeutige nationalsozialistische Bedeutung bekommen. Es wurde mit Inhalten und Gefühlen aus dieser Zeit belegt. Das Symbol ist gebunden an den Führer und das Ritual "Hitlergruß" ebenso. Erzogene, erzwungene, kulturell geforderte und verbindliche bedingungslose Loyalität gebunden an Symbole/ Rituale kann aus Menschen "Gewaltmaschinen" machen. Die Selbstmordattentäter sind ebenso an ein Opferritual gebunden - das ist der sichere Weg zum Ziel.

Ein System der Gewalt und Vernichtung wird funktionsfähig gemacht, damals wie heute ist das möglich. Das System braucht dazu ein Feindbild, um die eigene Überhöhung zu gestalten und eine Berechtigung, ja nahezu eine Notwendigkeit abzuleiten. ( Bild - Holocaust- Kreuz )

Gewaltsysteme brauchen Opfer und schaffen Opfer und leben weiter durch Opfer. Erst mit der Befreiung der Opfer in den Konzentrationslagern war das System sichtbar. Bis zu letzt glaubten die Menschen an Hitler und seine Idee oder stellten sich glaubend. Glauben ist sowieso ein Begriff, der mehr und mehr an Kraft verliert.

Das Symbol Hakenkreuz hat eine dramatische Schwere, die geschichtlich unübertroffen ist.

Die Weitergabe der nationalen Schuld an die nächste Generation hat m.E. eine rückbindende Wirkung an das Symbol. Das Symbol wird ständig wieder belebt, genährt durch diese zugesprochene Schuld. Diese Verknüpfung animiert manche Menschen, sich mit den Gefühlen und Werten im Symbol erneut zu identifizieren, und damit sich und ihre Kultur rehabilitieren zu müssen. So wird eigentlich das gefördert, das vermieden werden sollte.

Die Schuldzuweisung an die nächsten Generationen wird negativ wirken und die Gefahr des Rechtsextremismus oder auch Linksextremismus verstärken. Es wurde leider versäumt rechtzeitig und konsequent die grundsätzliche Schuldfrage zu stellen und die tatsächlichen Schuldigen zu benennen. Aber das vermeidet jedes gewalttätige System bis zuletzt.

Die reale aufgeladene Schuld wurde verschoben, geleugnet und verdrängt. Die 3. Generation malt wieder Hakenkreuze an die Wände - Rechtsextremismus nimmt zu...warum?

Das Symbol ist wieder Aufruf zur Zusammengehörigkeit/ Nationalismus und Anstiftung zu Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus. Das Symbol hat noch oder wieder Wirkung und Wirklichkeit? Wie könnte es entzaubert werden?

In meinen Bildern habe ich es versucht.

Im Bild "Hitlerhirn" ist ein Ansatz von Hakenkreuz,

im Bild " Galgensieg" der Hitlergruß, im Bild " Perlenratte" die gehorsame Masse. Mir fällt auf, dass da noch wenig Konkretes in meinen Bildern steckt, obwohl ich mich damit sehr beschäftige. Zu dieser unvorstellbaren menschlichen Grausamkeit kann ich vielleicht kein Bild malen, dazu vielleicht die Worte, das Gedicht.

Ich werde weiterforschen.

Seminare zum Thema Symbolik würden mich interessieren:

Symbolerfahrungen Symbolwirkung Symbolsensibilität Symbolbefreiung Symbolmissbrauch

Symbolrückbindung Symbolentwicklung Symbole und Prozesse

Die nationalsozialistischen Symbole müssen an Kraft verlieren und damit die Verführung zur Identifikation. Wenn eine ähnliche Situation eintritt wie die der momentanen Arbeitslosigkeit, so sind im Hakenkreuz Erinnerungen gespeichert, die in dieser Situation sehr lebendig werden und einen Nährboden für Rückbindung bieten. Wir können Hakenkreuze nicht verdrängen, sondern wir müssen darüber reden, vorher, bevor eine günstige Situation dem Symbol zuarbeitet, nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern in einem interessanten geschichtlichen und generationsmäßigen Rahmen. Die dritte Generation hat mit dem Hakenkreuz etwas zu tun in ihrer kulturellen Zugehörigkeit, aber sie ist nicht schuldig. Sie ist sicherlich neugierig auf das Leben der Großväter, auf die Geschichte. Zurück zu den Wurzeln ist angesagt, aber ich vermisse die Auseinandersetzung mit den Symbolen, wenn es um diese Zeit geht. Das Thema wird nur über Filme bearbeitet, weit weg von unserem Alltag und mit dem Tenor der Unterhaltung. Warum greift der Bildungsbereich dieses Thema nicht auf. Symbole sind vor allem für die Jugend und die jungen Erwachsenen interessant.

Symbole in der Gegenwart

Symbolleichtigkeit ist in kurzlebigen Symbolen bei Fußball und Sport - Maskottchen und anderen Gruppensymbolen, Markenkleidung und ihre Symbole für Status und Identität. Firmenlogos ......usw. 

Wir erkennen uns sofort auf diesen Symbolen, die sich aber schnell ändern können. Wir bewerten uns und ordnen uns ein. Selbst dieses Thema wird vom Bildungsbereich nicht aufgenommen und mit den Schülern besprochen. Warum eigentlich nicht?

Die Symbole fremden Religionen aber finden wir bedrohlich und wollen sie uns vom Leib halten. Wahrscheinlich leiden wir unter einem religiösen Symbolschwund und empfinden auch aus diesem Grund die Symbolkonfrontation mit einer anderen Kultur sehr bedrohlich. Die Muslime haben eine Symbolverhaftung, die sie auch im Alltag zeigen. Sie haben eine sicherere Familienstruktur und sind kulturell sicher eingebunden, trotz Ausländerstatus. Das sehen wir tagtäglich und attackieren ihre Symbole wie das "Kopftuch" und misstrauen ihren Ritualen. Wir machen die Bedrohung an ihren Symbolen fest. Ob das der richtige Weg ist? Ich weiß nicht! Wir müssen uns aufeinander zu bewegen und miteinander reden. Sich über Symbole zu streiten bringt nur den Prozess der Trennung in Gang.

Vielleicht ist die kulturelle Mischung unsere Überlebenschance.

Der Prozess ist im Gange und wir können ihn nicht stoppen. Wir haben eine Chance verpasst.

Mein Beitrag zur Ausstellung in Heilsbronn Thema Kultur und Kunst

Einfach nur zum Nachdenken - eine Zusammenfassung von Gelesenem - Definitionen von Kultur, Symbolen, Mythos, Zeichen - und meine eigenen Denkergebnisse und Vermutungen

Der Mensch ist das unvollendete Wesen, dessen Lebensform die durch Tradition bestimmte Geschichtlichkeit ist. Der Mensch ist von Geburt an von der Gesellschaft abhängig und gleichermaßen ist die Gesellschaft auf die besondere Struktur des Menschen abgestellt und von ihr abgeleitet.

Kultur entsteht aus der verzögerten Kindheit des Menschen und dient der Sicherheit des Menschen ( Róheim) Kultur ist ein riesiges Netzwerk von mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen, die Menschheit vor der Gefahr des Objektverlustes zu schützen. Sie ist die gewaltige Anstrengung eines Kindes, das sich fürchtet, im Dunklen allein gelassen zu werden.

So betrachtet sind die symbolischen Gestaltungsmöglichkeiten der verschiedenen Umwelten mindestens so wichtig wie die ökonomischen, ist Symbolik als Schutz der Psyche nicht minder notwendig als die Ernährung des Körpers. Die Gesellschaft als ein hegendes und pflegendes Organ ist daher eine Art zweiter Mutterschoß, der in einer langen Schwangerschaft den Menschen auf seinen postnatalen Entwicklungsstufen erhält und schützt.

Die Mythologie lenkt die Libido in Kanäle, die auf das Ich abgestimmt sind, während die Neurose das Individuum von seinen Mitmenschen absondert und es an seine eigenen infantilen Bilder schließt. Die zeitgenössische Kunst und Literatur zeigen das Bestreben, das biologisch notwendige geistige Organ wiederherzustellen. Dichtern und Künstlern wird die Aufgabe als Seher und Mystagogen zugewiesen, um Visionen zu erneuern.

James Joyce hat den Entwurf für dieses geistige Organ geliefert.

Die Morphologie des Organs wird die gleiche bleiben wie eh und je, aber die Materialien, aus denen es gebildet wird, und die Funktionen, die es erfüllt, müssen die der neuen Welt sein. Die Materialien des Maschinenzeitalters und die Funktionen der Weltgesellschaft, die heute in den Wehen liegt - die Wehen ihrer Geburt als Mythos.

Das erste Problem, das sich für jeden stellt, der sich mit den metaphysischen Vorstellungen der Menschheit befassen möchte, ist die Unterscheidung von Symbolen und ihren Bedeutungen - zwischen dem, was wir die Träger und ihren Inhalt nennen könnten.

Ein Bild kann in verschiedenen Zusammenhängen und für verschiedene Menschen Verschiedenes bedeuten. Ebenso wenig können wir bei Kulturvergleichen fraglos davon ausgehen, dass deshalb, weil die symbolischen Figuren von Kultur zu Kultur anders sind, auch die Inhalte, worauf sie sich beziehen, anders sind. Die metaphysischen Inhalte können in verschiedenen Symbolen sich als gleich entpuppen.

Mythen werden von Philosophen in Zwiesprache mit den Pragmatikern in ihrer Wirkung und in ihrer Bedeutung entwickelt. Mythen dienen dem praktischen Zusammenleben der Menschen und sind ein Gebilde, das sich wandelt je nach Situation und Funktion. Metaphysische Sätze sind weder falsch noch wahr, sondern expressiv.

Zeichen und Symbole

Jung Unterscheidung

Das Zeichen bezieht sich auf einen eindeutig bekannten Gedanken oder Gegenstand, das Symbol ist die bestmöglichste Form, womit sich etwas relativ Unbekanntes andeuten lässt.

Das Symbol will weder eine Nachbildung sein, noch kann sein Sinn auf andere Weise genauer oder deutlicher wiedergegeben werden. Aus der Wissenschaft entstehen Zeichen, aus der Kunst Symbole. Die Wissenschaft ist nun auf dem Weg - feinstoffliche Physik - Eigenschaften der Kunst aufzuweisen. Es ist möglich, dass Symbole auf die psychische Grundstruktur des Menschen wirken.

Im Bilde des Stieres und Mondes ( zu meinem Bild Tzunami)

Es ist der Grundkomplex der mykenischen Kultur, von der die Griechen und damit wir selbst so viele Symbole übernommen haben. Als der Kult des toten und wieder auferstandenen Mondgottes im vierten oder dritten Jahrtausend vor Christus von Syrien aus ins Nildelta getragen wurde, da gingen diese Symbole mit. Es ist wahrscheinlich, dass wir in der Symbolik des Stieres mit der Mondgöttin mit einer Fortsetzung der mythologischen Tradition zu tun haben auf dem Wege zu ihrem Höhepunkt in den großen historischen Religionen. Vom Taurusgebirge aus - den Bergen des Stiergottes, der mit dem gehörten Mond gleichgesetzt

worden sein muss, breitete sich der Kult zusammen mit der Kenntnis der Rinderzucht praktisch bis zu den Enden der Erde aus. Der Sinn des archaischen Mysterienspiels läge also in seinem Hindeuten auf die Immanenz der Ewigkeit in den Zeitläufen. Aber was ist Ewigkeit und was ist >Zeit? Und warum im Bilde des Stieres und des Mondes?

Das Mandala des Raumes ist entstanden ca 4000 v. Christus und ist heute noch gültig - der Kreis wird heute noch in 360 Grad eingeteilt, ebenfalls der Kalender 360 Tage plus 5 Tage das Zeitmandala messen. Die 5 eingeschaltenen Tage stellen die 5 Öffnungen für die geistigen Inhalte dar - von den 4 Eckpunkten des Tempels die zum Mittelpunkt streben. Die Energie fließt in die Zeit ein - auch ein Symbol für die Ewigkeit.

Diese Himmelsordnung sollte für alle Kulturen und Philosophen zur Offenbarung der menschlichen Bestimmung werden.

Platon: Die Bewegungen aber, die Verwandtschaft mit dem Göttlichen in uns zu haben, sind die Gedanken und die Umläufe des Alls. Diesen also muss ein jeder Gefolgschaft leisten; die Kreisläufe, die sich in unserem Kopf befinden und die durch unsere Entstehung gestört sind, müssen wir in der Weise wieder in Ordnung bringen, entsprechend seinem ursprünglichen Wesen, und dass wir, wenn das geschehen ist, die Vollendung jenes Lebens erreichen, das den Menschen von den Göttern für die Gegenwart und die zukünftige Zeit als Bestes vorgesetzt ist.

Sinn und Bedeutung aller Mythen und Rituale, die dieser Vorstellung von einer Weltenordnung entsprungen sind, können wir sagen, dass sie dahin wirken, die menschliche Ordnung mit der himmlischen in Einklang zu bringen.

Die Mythen und Riten vereinigen sich zu einem Mesokosmos, einer mittleren und mittelnden Welt, über die der Mikrokosmos des Einzelmenschen in Beziehung zum Makrokosmos des Alls gebracht wird. Das Leben auf der Erde soll mit dem Grad der Vollkommenheit, wie er menschlichen Körpern möglich ist, die fast verborgene, nun aber entdeckte Ordnung des prächtigen Schauspiels der Sphären widerspiegeln. Dieses Schauspiel ist es, was den Mesokosmos, die mittlere, soziale Welt der Stadt geformt hat; die Strukturen dieses Mesokosmos sind es, was die Seele geformt hat. Kunst und Brauchtum formen die Seele: als Ritual gelebte Kunst.

(Streit um Rituale)

Das Problem des entstehenden neuen Symbols

Die Seele, eine dem Makrokosmos nachgebildeter Mikrokosmos, muss demnach ein Engramm sein, etwas Eingeprägtes und nicht etwas Angeborenes???

Seele ist demnach mit der Kultur des Menschen verwandtes Gebilde.

Der Rückgang der Seelenkultur mit dem Verlust der Religion?

Umgekehrt: wenn Religion nicht mehr dem Makrokosmos angepasst wird und darum den Menschen im Glaubenskonflikt festhält und Seelenentwicklung gefährdet.

Kultur und Religion und Seelenbildung hängen zusammen und müssen zum Wohl der Menschheit sein, nicht um den status quo zu erhalten, um ihrer selbst willen.

Platon - Bewegung ist das göttliche Prinzip.

C.G. Jung hat zu Mandalas und Seelenschöpfung geforscht und einige wichtige Orientierungen geliefert:

" Man könnte sagen, dass der Mensch selbst, oder seine innerste Seele, der Gefangene oder der beschützte Bewohner des Mandalas sei. Überdies ist es evident, dass im modernen Mandala gewissermaßen der Mensch, d.h. der tiefe Grund des Selbst, die Gottheit nicht ersetzt, sondern versinnbildlicht hat. Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, dass dieses Sinnbild ein natürliches und ein spontanes Vorkommnis darstellt, und dass es immer ausgesprochen eine dem Unbewussten entspringende Schöpfung ist. Ein modernes Mandala ist ein unwillkürliches Bekenntnis eines besonderen geistigen Zustandes. Es ist keine Gottheit in dem Mandala, oder es ist auch keine Unterwerfung oder Versöhnung mit einer Gottheit angedeutet. Der Platz der Gottheit scheint durch die Ganzheit des Menschen eingenommen zu werden."

Meine Gedanken zu

Kulturumbrüche - verschiedene Kulturen in Begegnung - neues Jahrtausend - neues Menschenbild - neues Weltbild - neues Gottesbild

Es scheint sich daraufhin zu bewegen, dass sich ein neues A und O herausbildet, ein neues Bild, ein neues Engramm für die Mitte unseres Mandalas. Mandala ein Gebilde zwischen Symbol und Mythos - eine Vereinigung von mehreren symbolischen Fragmenten zu einem Gesamtmuster, hinweisend auf den Mythos, eher realer als dieser, ein Rahmen für eine geistige Ordnung seiner selbst oder eines größeren Ganzen.

Bevor wir uns einem neuen Bild verschreiben, sollten wir innehalten und uns in dem kostbaren Moment zwischen zwei Engrammen fragen, zu jener Leere zwischen zwei Gedanken zu kommen, aus der die Symbole kommen. Wir sollten uns vorbereiten auf das Neue, lösen vom alten und menschlich weiter erwachsen werden.

Das heißt aber, Unsicherheiten aushalten, keine Panikmache, gute politische Prozesse, wohlüberlegte Entscheidungen mit Öffnung für das Unbekannte, Leere ertragen und mit Vertrauen Neues aufnehmen.

Schwierig und unmöglich. Ein neues Weltbild, Menschenbild, Gottesbild - eine neue Phase der Seelenentwicklung, nicht denkbar ohne die vorhergehende Entwicklung und doch vollkommen anders als diese.

In der Zeit der kulturellen Begegnung ist Vorsicht geboten, sich respektlos gegenüber den Symbolen der anderen Kultur zu benehmen. Auch Forderungen, sich von den kulturellen Symbolen zu entbinden, ist übergriffig. Symbole gehören zur kulturellen, sozialen und persönlichen Identität des Menschen und diese ist für jeden, der sich legitim in Deutschland aufhält, durch das Grundgesetz geschützt. Die Menschen in Emigration oder auch Migration brauchen ihre Symbole umso mehr, je größer die Hürden der Integration sind.

Ein großes Problem in dieser kulturellen Begegnung ist das Kräfteverhältnis, das von den Migranten, trotz ihrer Schwierigkeiten, ausgeht. Nicht so sehr die Kultur, als vielmehr die Überlegenheit in der Nachkommenschaft und in ihrem Familienzusammenhalt gefährden unsere Kultur und machen uns vorsichtig bis hin zu aggressiv.

Hier liegt die wirkliche Gefahr, der wir auf dem Mittel der Religion/ Kultur entgegentreten. Es ist ein kurzfristiger Ansatz, denn die deutsche Gesellschaft hat die Familie infrage gestellt und von vielen Verbindlichkeiten gelöst. Diese Entwicklung ist nicht umkehrbar, und unsere Angst vor starken Familien wird sichtbar. Natürlich kommt es in islamischen Kulturen zu Vorkommnissen, die der Menschenwürde widersprechen, und sie müssen rechtlich geahndet werden, wie jedes Verbrechen. Der übermäßige Individualismus der Deutschen bereitet aber der Gesellschaft ebenfalls schwerwiegende Probleme und Kosten. Die Annäherung der beiden Kulturen könnte einen Ausgleich der beiden Extreme bewirken - das wäre dann eine gelungene Verbindung von beiden Kulturen.

Mythos und Individualismus

Das oberste Anliegen sämtlicher Mythologien, Zeremonien, Moralsysteme und Sozialordnungen von Ackerbaugesellschaften ist es von jeher gewesen, die Äußerungen des Individualismus zu unterbinden. Es geschah dadurch, dass man die Leute zwang oder und überredete, sich nicht mit ihren eigenen Interessen oder Erfahrungen zu identifizieren, sondern mit den Verhaltensarchetypen und Gefühlsordnungen, die im öffentlichen Bereich entwickelt und aufrecht erhalten wurden. Das geschah in allen Kulturen.

Auch im Abendland ist das Ich als die Domäne des Teufels angesehen worden. Der Mensch ist gezähmt worden.

Funktionen des Symbols

Zwei gegensätzliche Funktionen des religiösen Symbols lassen sich unterscheiden. Die erste bedeutet Beziehung und Bindung, die zweite Entbindung und Verwandlung.

Das erste wird veranschaulicht durch das soziale Mandala, das jedes Mitglied in einen Rahmen erlebter Sinnhaftigkeit einbindet z.B. Kreuz/ Symbol der westlichen Kultur.

Es gibt dem Betrachter ein Gefühl der Glückseligkeit und dem Leben einen Sinn.

Wenn also das Symbol Bindung bewirkt, wird das Erkenntnisvermögen vom Symbol selbst gebannt und daran gebunden und dadurch vom Unbekannten durchdrungen als auch davor bewahrt. Wenn aber das Symbol auf Entbindung, Entrückung und Verwandlung hinwirkt, wird es zu einem Katapult, den es hinter sich zu lassen gilt.

Kein lebendiges auf Bindung hinwirkendes Symbol kann überleben, wenn es den Kontakt mit der Wirklichkeit, seinen bewussten und unbewussten Welten seiner Gesellschaft verloren hat - wenn die Art und Weise, wie es sich auf das Feld des Wachbewusstseins bezieht, widerlegt ist und seine Versuche, die Motivation anzustacheln, nicht mehr empfunden werden.

Wie sich die Zeichen auf das Bekannte beziehen, so sind die Symbole, die sich auf das relativ Unbekannte beziehen, Funktionen des Wissens ihrer Zeit.

Die Welt, die Götter, die Menschen und alle Dinge und Wesen müssen nur mit einem neuen Blick angeschaut werden - angeschaut und nicht verdrängt.

Ein Symbol muss sich demnach auf die aktuelle Zeit und ihren technischen geistigen Zustand beziehen und dieses Wissen den Menschen in ihrer Lebensgestaltung zur Verfügung stellen oder zumindest lassen. Der Wissensstand unter den Kulturen ist niemals gleich, so wie der Wissensstand der Menschen untereinander niemals gleich ist, so muss es dennoch eine Möglichkeit geben, diese verschiedenen Zustände aufeinander abzustimmen. Die Entwicklung neuer Symbole durch die verschiedenen Kräfte, die in Zeiten von Umbrüchen am Werk sind, werden Träger von Inhalten der neuen Zeitepoche. Die Entwicklung eines neuen Symbols geht mit der Entbindung von alten Symbolen und der Bindung an das Neue von statten. Eine Rückbindung in der Entbindungsphase und eine regressive Fixierung auf das alte Symbol, sind in dieser Umbruchsphase durchaus möglich. Etwas Altes Vertrautes zu verlassen in dem kulturellen Kontext ist bei weitem das Schwierigste, was auf Menschengruppen zukommen kann. Menschen geraten häufig in die Falle der Vernunft, der Rechtschaffenheit und des Gesetzes. Vieles davon verliert an Gültigkeit und es entsteht ein rechtsunsicherer bzw. rechtsfreier Raum, wie wir ihn z.B. in der Entstehung und Bekämpfung von Terrorismus bereits erleben.

Kunst und Wissenschaft stellen ein Anschauungspaar dar. Die Funktion der Kunst ist es, ein Gefühl von Dasein zu geben und nicht die Versicherung eines Sinns. Wer es nötig hat, eines Sinns versichert zu werden, oder wer sich seiner selbst unsicher und erschüttert fühlt, wenn ihm aufgeht, dass das Sinngefüge, welches seinem Leben Halt verlieh, zerschlagen wurde, der gehört ganz bestimmt zu denjenigen, die dieses Gefühl von Dasein noch nicht tief, anhaltend und überzeugend genug erfahren haben - dieses sich von selbst und zwanglos einstellende Gefühl, welches das erste und grundlegendste Merkmal des Daseins und das zu erwecken die Aufgabe der Kunst ist.

Ein Symbol weist immer einen Doppelaspekt auf.

Wir müssen zwischen dem Gefühl für ein Symbol und seiner Bedeutung/ Sinn unterscheiden.

Die Symbolsysteme der Vergangenheit wirkten auf drei Ebenen gleichzeitig:

  • der körperlichen des Wachbewusstseins
  • der geistigen des Traumes
  • des absolut Unerkennbaren

Der Begriff Bedeutung/ Sinn kann sich nur auf die ersten beiden beziehen und diese befinden sich heute bereits in dem Bereich der Wissenschaften, welche aber für Zeichen und nicht für Symbole zuständig sind. Das absolut Unerkennbare kann nur empfunden werden und dafür ist die Kunst zuständig, die nicht nur und nicht einmal vorrangig Ausdruck ist, sondern ein Ringen um und Entwerfen von Bildern, die Erfahrungen auslösen und Energien wecken, wobei sie das leistet, was Herbert Read treffend " ein sinnliches Erfassen des Seins" genannt hat.

Mut zum Individualismus und der Bereitschaft, sich den geistigen Erfahrungen ungeschützt auszusetzen, bestimmt das Format und die Größe der Seele und dem Quantum an unmittelbarer Erfahrung, das einer auszuhalten und zu verdauen vermag. Die Jägerkultur war diesem Individualismus entgegenkommend, die Ackerbaugesellschaften haben den Menschen in dieser Bereitschaft eher eingeschränkt.

Unterschied zwischen Wahnsinnigen und Künstlern.

Beim Wahnsinnigen reißt die Verbindung zur Sinnhaftigkeit, zur integrierenden Instanz des denkenden Bewusstseins und er kann sie nicht mehr herstellen, während der Künstler mitgerissen wird und wieder die Verbindung herstellen kann. Jung hat die Individuation als Schritt der Ablösung von den Archetypen beschrieben. Archetypen sind Funktionen nicht nur der Psyche, sondern auch der Geschichte der Gesellschaft und befinden sich heute in einer Auflösung. Die wissenschaftliche Methode hat uns intellektuell von den Absolutheiten der mysthischen Zeiten befreit, die göttliche Autorität des gegründeten Staates ist im Abendland beseitigt worden und die Kraftmaschine nimmt dem Manschen die tägliche Arbeit ab, die früher als die wertvolle Schule der Moral angesehen wurde. Dadurch wird eine große Libido freigesetzt, die nunmehr von der körperlichen zur geistigen Aufgabe hinströmen kann. Das ist wiederum eine Möglichkeit für Kunst. Die Welt wird in bestimmten Zeiträumen geschaffen und ca 300/400 Jahre danach erlöst. Eine ewige Schöpfung und Erlösung, je nach Zeitgeist und Wissen. Das schöpferische Forschen treibt voran und wir haben eher den Wagemut des Schamanen als die Frömmigkeit des Priesters und Bauern. Die Welt befindet sich zur Zeit in einem geistigen Konflikt - die Lösung wird sich kulturell niederschlagen. Jetzt werden die Grundlagen geschaffen für die Zeit einer globalisierten Welt.