"Der Tod des kleinen Prinzen"
Themenableitungen aus der Ausstellung - Bilder und Gedanken zum 11. September 01"
Es ist nicht möglich, das unfassbare Ereignis in Bildern festzuhalten. Mein Anliegen ist, Fragen nachzugehen. Warum erschüttert der Angriff auf das World Trade Center die ganze Welt im Großen und im Kleinen, Völker und einzelne Menschen?
Was bedeutet dieses Ereignis für jeden einzelnen und für die Völker der Welt?
Tag täglich sterben tausende Menschen einen qualvollen und von Menschen verschuldeten Tod und die Welt nimmt keine Notiz. Was ist anders, als die Welt für einen Augenblick durch und durch erschüttert wurde und welche Verantwortung für die Nationen und für jeden von uns ist darin verborgen?
Was verbirgt sich hinter dem grausamen Geschehen? Was verbirgt sich in diesem symbolischen Akt?
Und die letzte Frage: Wie nutzen wir dieses Erkennen oder das neue Bewusstsein, um eine andere, neue Welt zu gestalten, in der eine menschliche und kulturelle Weiterentwicklung sichtbar wird?
Die Ausstellung soll keine politische Stellungnahme sein, sondern vielmehr mit dem Titelbild "Der Tod des kleinen Prinzen" das philosophische Wesen in uns ansprechen, über uns nachzudenken, aus unseren Erfahrungen zu lernen und auf uns, unseren Nächsten und unseren Planeten Erde besser zu achten.
Was am 11.September 01 passiert ist zwischen 2 Welten, kann auch zwischen 2 Menschen, zwischen 2 Gruppen, zwischen zwei Völkern passieren.
Jeder von uns hat ein eigenes kleines inneres World Trade Center, das im Laufe des Lebens aufgebaut wird. Es besteht aus 2 Türmen - ein Turm für Wohlstand/ Existenz und der andere für soziale Zugehörigkeit. Wir brauchen Brot und Liebe. Stürzen diese beiden Türme überraschend und gleichzeitig durch Einwirkung von außen ein, beginnt in dieser Katastrophe der Kampf ums Überleben. Es ist ein Ende und vielleicht ein Anfang.
Jeder Einzelne und die große Welt ist seit dem 11.September 2001 aufgefordert, an einer neuen Welt, einer Neugestaltung mitzuarbeiten. Mein Anliegen ist, durch diese Ausstellung Gespräche zu ermöglichen und Dialoge zwischen den Kulturen anzustoßen.
Ein gleichwertiges Anliegen ist es mir, die Opfer und die Angehörigen zu würdigen.
Die Ausstellung ist in 4 Teile gegliedert
7 Bilder vor dem 11.September
9 Bilder zum 11.September
6 Bilder nach dem 11. September
3 Bilder zur "Neuen Welt"
es entstehen bis heute weitere Bilder und Gedichte
Zu den Bilder vor dem 11. September
Sie entstanden auf Grund meiner persönlichen Erfahrung 1999, indem eine berufliche Gruppe mich attackierte wegen meiner abweichenden Einstellung zum beruflichem Verhalten. Meine Kolleginnen befürchteten zu schwerwiegenden beruflichen Fehlern Konsequenzen, und so entschieden sich gemeinsam für die Strategie der Druckkündigung gegen mich. Sie hatten Erfolg und ich stürzte in ein berufliches und existentielles Vakuum.
Meine persönliche Erfahrung sensibilisierte mich in hohem Maße für systemische Gewalt, sei es von kleinen Gruppen oder von den Nationalsozialisten in der Vergangenheit oder dem Terrorismus in der Gegenwart.
Auf dieser Basis entstand diese Ausstellung und die Bilder vor dem 11. September sind unter diesem persönlichen Aspekt zu sehen, geben aber bereits einen Hinweis auf die gesellschaftliche Ebene.
Was mit einem einzigen Menschen passiert durch Gewalt kann einem Volk passieren und umgekehrt. Gewalt beabsichtigt Vernichtung und wirkt dahingehend.
7 Bilder vor dem 11. September
1. Bild Nachkriegszeit: mit den Orginalstempeln des amerikanischen Labouroffice, zufällig und passend zu meiner eigenen Arbeitslosigkeit durch Verlust des Arbeitsplatzes. Existenzangst! Arbeitslosigkeit war mein Thema und wird wieder zum allgemeinen politischen Problem.
2. Bild Kreuzigung: Systemische Gewalt ist Kreuzigung - Vernichtung eines gefährlichen Gegners, der Veränderung einfordert. Täglich werden Menschen gekreuzigt. Die Kreuzigung als Symbol für die Gewaltbereitschaft der Menschen. Erlösung der Menschheit durch Kreuzigung Christi? Menschen als Zuschauer, Mittäter, Mitläufer, Wegschauer und als Mitleidende unter dem Kreuz - ein Blick auf unsere Gesellschaft, auf unser Tun und Handeln.
Gedicht und Gedanken zu dem Bild "Am Kreuz" und zum Symbol des Kreuzes
Menschsein im Bild des Kreuzes
In der Gleichzeitigkeit von Verbindung und Trennung
In der Spannung von Geist und Form
In der Kraft des Widerstands aus Ich und Sein
Suchend und meidend den Scheitelpunkt
In der Überschneidung der Linien
Zwischen den Welten - im Niemandsland
am Kreuz.
Der Weg bis an die Grenzen des Ich
Auf dem Kreuzweg
Faszination und Leidenschaft
Verführung
Anziehung und Widerstand
Furcht und Wunsch einander treibend
Bis an die Grenzen des eigenen Namens
Sich ergeben
Wandlung - Veränderung
Zurück ein anderer
im eigenen Haus sich und den Gleichen ein Fremder
Verführt - berührt
Faszination und Leidenschaft
Stationen des Kreuzwegs
Mensch und Wandlung
Möglich und unmöglich
Sinnvoll und närrisch
Fluch und Segen
Himmel und Hölle
Gottesfurcht in Gotteslust
Entscheidung für und gegen
Mensch
Wirklichkeit an Traum
Traum an Wirklichkeit
Frage gleich Antwort
Antwort gleich Frage
Sich berührend im Scheitelpunkt des Kreuzes
Fliehende Ahnung
Mehr nicht - genug
Meine Ahnung --------- mein Kreuz
Deine Ahnung --------- dein Kreuz
Genug für uns --------- zu viel für mich
Neubeuern, im Jahr 2002 Gedicht zum Kreuz der Ausstellung "der Tod des kleinen Prinzen" von Christa Ulmer- Thurn
3. Bild Kalte Absicht
Geplante, gewohnte, legitime, verdeckte, bewusste, unbewusste Strategien der Gewalt ohne Gefühle für das Opfer - frei von Schuldgefühlen - einzige Möglichkeit, das Ziel zu erreichen.
Anfang des Gewaltprozesses
4.Bild Der grüne Tod
Gewalt gegen die Natur, Umgang mit den Tieren, Massentierhaltung, Produktion von Fleisch. Das Leben der Natur ist dem Menschen ausgeliefert. Ein leichtes Spiel der Gewalt. Der Mensch greift mit langen Armen in die Natur gewaltsam ein.
5.Bild Baumhaus
Das geteilte Bild; Mensch und Natur, Einklang, Harmonie, Sinnfindung, Gewissen. Symbol für Rückzug in sich selbst - Rettung - Besinnung - Entscheidung. Lernen aus Fehlern! Wie kann es weitergehen?
6.Bild Gewaltmaschine
Gewalt ist ausgehend vom Ursprung ein Prozess des Automatismus und ist schwer zu stoppen. Einsicht, Umkehr, Entschuldigung und Veränderung ist ein Umlernprozess mit vielen Hindernissen. Gewaltmaschine ist das Bild der Kreuzigung, das Bild des Holocaust, das Bild jedes Menschen, der Gewalt ausübt. Gewalt unterliegt einem Tabu, ist gesellschaftlich und kulturell in verschiedenen Formen oft legitimiert, Gewalt ist zutiefst menschlich, Gewalt ist das menschliche Problem. Gewalt ist lernbar - Gewalt ist verlernbar?
7.Bild Schatten der Zukunft:
Das Bild entstand aus der Bildserie zum Märchen Eisenhans, dessen Aussage ist, dass spirituelle Kräfte dem Leben des Menschen dienen und nicht umgekehrt. Die Schatten der Flieger sind andeutungsweise zu sehen. Das uralte menschliche " Götterproblem"? Missionierung und Unterwerfung - Gewalt im Namen Gottes - Schatten der Zukunft - Hl. Krieg - Kreuzzüge - Religionsfreiheit/ Menschenrecht
Die 9 Bilder zum 11.September
1.Bild Inszenierung: Die Konzentration von Zeit, Raum und Energie in diesem Akt brachte diese Erschütterung, die sich weltweit ausbreitete. Eine unglaubliche Inszenierung eines Weltdramas. Symbol und Mythos - Weltgeschichte. Der Zeigefinger ist bereit, das Kartenhaus einstürzen zu lassen. Bild fehlt
2. Bild Danach - eine Ewigkeit - Das brennende W.T.C.
3. Bild - Todesangst: Jeder einzelne der Opfer hat seinen eigenen Todeskampf, tausendfacher Mord. Überall auf der Erde sterben gequälte Menschen einen einsamen, grausamen Tod - ihr Leben wird geopfert.
4. Die afghanische Frau: Der Szenenwechsel drückt aus, dass auf der Suche nach den Schuldigen ein "bisher ignoriertes Leid" zum Vorschein kommt: das Leben der afghanischen Frauen. Eine weitere Betrachtung: wir sehen nicht hin, wo stilles Leid ist. Gewalt ist häufig legitimiert - der Stärkere hat Recht und sich einmischen ist gefährlich!
5. Die Idee (Bild fehlt)
Eine Idee, eine Ideologie, eine Philosophie, eine Theologie...manchmal ein Konstrukt der Menschenferne, in dem Unmenschlichkeit möglich wird. Wegen einer Ideologie werden Menschenleben geopfert. Das Konzept entsteht im Kopf von wenigen, die vorwiegend an ihren eigenen Vorteilen Interesse haben. Manipulation von jungen Leuten? Rattenfänger gehen um.
6. Nähe: Leiderfahrung macht menschlich. Menschen rücken zusammen und geben alles, sie teilen, sie retten, sie trösten, sie beten. Brüderlichkeit und Menschlichkeit auf der Seite der Opfer.
7. Golgota
Am nächsten Tag erst kann das Ausmaß des Leidens gesehen werden. Erneutes Entsetzen, dem Erlittenen ins Auge zu sehen. Kreuzweg unter dem Kreuz für die Überlebenden und für die, die Menschen verloren haben.
Golgotastätten, Massengräber, Massaker - menschlich nichts Unbekanntes
8. Krieg und Sieg (Bild fehlt): Symbole wie Kriegerdenkmal, Galgen, Uniform und Siegesbewegungen beschreiben die stets anwesende Kriegsgefahr. Krieg und Sieg - das ewige Machtspiel der Menschen.
9. Bild und Titel der Ausstellung: Der Tod des Kleinen Prinzen
Nach dem Roman "Der Kleine Prinz" von Antoine de Saint- Exupery. Der kleine Prinz begegnet dem Flieger, als dieser sein Flugzeug in der Wüste notlanden musste. Der kleine Prinz betrachtet den Flieger, den Planet Erde und die Menschen. Er beschreibt seine Welt und er geht wieder auf seinen Planeten zurück, weil er verantwortlich ist für seine Blume. Der Kleine Prinz hinterlässt eine Botschaft der Verantwortung und Freundschaft. Der kleine Prinz, eine Vision von einem friedlichen, d.h. freundschaftlichen Leben auf der Erde.
Friede beinhaltet, jemanden zu kennen, eine Beziehung zu ihm zu haben, einfühlsam zu sein, ihn zu achten und seine Bedürfnisse zu respektieren, genau das Gegenteil zur Gewalt.
Friede heißt, sich um eine Lösung der Ausgewogenheit und Gerechtigkeit zu bemühen.
Frieden heißt, Chancengleichheit, Perspektive der Entwicklung, Gleichheit der Rassen.........
6 Bilder nach dem 11. September 01
1.Bild In den Ruinen Bild fehlt
In den Ruinen liegt die Kraft des Neuanfangs - ein schwieriger Weg,
das Wiederaufstehen, der erste Schritt nach dem Zusammenbruch und die vielen weiteren Schritte, die gemacht werden müssen, oft in Erinnerung an das Leid, die Auferstehung nach der Kreuzigung, der Anfang nach einem Ende, der Weg in die Zukunft überschattet von der Vergangenheit
2.Bild Schatten der Vergangenheit Bild fehlt
Über diesem Datum wird immer eine Erinnerung stehen, die zu einem Mythos werden wird.
Mythos für.......?
das wird die Zukunft zeigen!
3.Bild Zuneigung
Das Pferd, das sich der Erde zuneigt. Menschen brauchen in Krisensituationen alle Ressourcen, um am Leben zu bleiben, nicht zu verzweifeln und sich nach vorne in die Zukunft zu bewegen. In Krisenzeiten brauchen Menschen Eigenschaften aus der Natur, Ruhe und Geborgenheit, Hinwendung und Sicherheit,,,,,,
4.Bild Vergessene Kontinente
Amerika und der 11. September erschüttert die ganze Welt. Wieviel Menschen sterben in vergessenen geschundenen Kontinenten. Von dieser Kreuzigung nimmt die Welt keine Notiz, die Hilfe ist gering, der Aufschrei stumm. Hier sterben Menschen einfach so.
Der 11. September als Mahnmal auch für vergessene Opfer dieser Welt.
5.Bild Kriegsgefahr
Der drohende Irakkrieg, um die Diktatur von Saddam Hussein zu beenden. Das Ringen um eine Entscheidung in der UNO. Die Welt teilt sich bei dieser Frage.
6.Bild Die Arche
Leben verdichtet sich auf engem Raum, im Symbol der Arche. Die Suche nach einer neuen Welt - Amerika geschichtlich gesehen: die neue Welt von damals. Was bedeutet in einer Arche sein? Was sollten wir Menschen anders machen? Was ist im Zeitalter der Globalisierung? Die Welt befindet sich im Umbruch - Neugestaltung. Der Kampf um die besten Plätze hat begonnen. Verschiedene Kulturen in einer Arche? Was passiert?
Nachklang - Wie können wir "Mensch" sein oder werden? Wie schaut das neue Menschenbild und das neue Weltbild aus? Wie können wir die Entwicklung positiv beeinflussen? Wie schaut unsere Zukunft aus?
Was war in der Vergangenheit? Was müssen wir bearbeiten und was wollen wir nicht mehr?
2 zusammengehörige Bilder " animals in human brain"
"Hitlerhirn" und die "Perlenratte"
Das archaische Wesen "Mensch" - wie war Mensch? Gefahr des "Zurück"
Die Verführbarkeit des Menschen in der Gruppe, in der Masse, in der Gier nach Zugehörigkeit und Sicherheit. Menschen sind in großer Verführungsgefahr ohne Bildung, in Armut und in Abhängigkeit. Verführbarkeit und Sehnsucht - Idee und Tat!
Die Verführer als Rattenfänger.
Der Unterschied zwischen bewusster Loyalität und bedingungsloser Loyalität.
Der Missbrauch der Jugend als Selbstmordattentäter.
Die Hetzkampagne der Rechten, die Schaffung von Sündenböcken usw.
Im Gegensatz dazu
Bild Sternenspiel - fehlt leider
in Korrespondenz mit dem kleinen Prinzen. Der verspielte Mensch, der bescheidene Mensch, der zärtliche Mensch, das Kind - ein kleiner Prinz!
Wie kann der Mensch friedlich bleiben oder werden?
Wieweit ist Frieden überhaupt möglich?
In meinem Alltag
Mein Gewissen
Mein Lebenskonzept
Meine politischen Ambitionen
Meine kulturelle Erfahrung
Ich bin verantwortlich für kulturellen Frieden
Mein Anliegen ist, durch diese Ausstellung miteinander ins Gespräch zu kommen.
Neubeuern, den 25.05.05
Christa Ulmer- Thurn CUT / es gibt ein Begleitheft zur Ausstellung