Ich schrieb die Geschichte vor 20 Jahren, als ich mit Kindern aus sozial benachteiligten Familien arbeitete. Auch ich selbst litt in meiner Kindheit unter den gesellschaftlichen Vorteilen und vielen Nachteilen. Es ist mir ein persönliches Anliegen, Kinder nicht nach diesen Vorurteilen zu bewerten und ihnen Chancen zu eröffnen. Heute ist das Thema sichtbarer, und politisch werden Maßnahmen der Unterstützung ergriffen.
Nun zu der Geschichte, die ich 2020 illustriert habe.
Der 12jährige Paul lebt mit seinem vierjährigen Bruder Nico mit seiner alleinerziehenden Mutter in einem Wohnviertel für benachteiligte Familien. Paul geht mit seinen Freunden oft auf die Müllkippe, um Raritäten und Material aller Art zu suchen. Außerdem ist es ein Abenteuer. Er findet einen kleinen Teddybären, der von dem 7jährigen Jungen Johannes aus einer reichen Familie, unterm Weihnachtsbaum nicht beachtet wurde und in der Mülltonne landete. Die Mutter repariert den Teddy und Nico liebt diesen sehr.
Als Nico ins Krankenhaus muss, wird zufällig auch Johannes eingeliefert. Der Teddy Kippi erkennt Johannes. Nico leiht seinen Teddy dem weinenden Johannes, der ihn aber nicht mehr zurückgeben will.
Die Mutter von Johannes bringt einen Luxus-Teddy ins Krankenzimmer und vergleicht beide Teddys auf diskriminierende Art und Weise. Es geht nun um Bewertung, Vorurteile, Wichtigkeiten, Anstand und Wahrheit.
Paul greift ein und regelt die Sachlage auf seine direkte Art und Weise, mit Kraft, Ausdruck und am Ende mit Drohung. Johannes wird mit seiner Anspruchshaltung in die Enge gedrängt. Seine Mutter wird hilflos und ratlos. Paul aber gelingt es, die Konflikte zu lösen und humorvoll miteinander umzugehen. Dennoch zeigt er deutlich, dass seine Freundschaft nicht einfach zu gewinnen ist und wie er auswählt. Freundschaft kann man nicht kaufen. Johannes begegnet nun einer völlig fremden Familienwelt, die er sehr interessant findet. Die ständige Fürsorge seiner Mutter findet er nun peinlich. Paul verspricht Johannes, bei Gelegenheit einen ähnlichen Teddy für ihn zu suchen, einen mit einer persönlichen Ausstrahlung und keinen Luxus-Kuschelteddy. Die Teddybären sind Spiegelbilder der Kinder - sie machen vor, wie es geht, Vorurteile zu überwinden und Wertigkeiten neu zu bestimmen. Die Mutter muss Johannes einen kleinen, einfachen Teddybären ins Krankenhaus bringen, der zu Kippe passt.
Nach der Entlassung wollen sich die Kinder wieder treffen, aber das gerät lange in Vergessenheit. Als es zu einem misslungenen Reinigungsversuch des kleinen Teddys in der Waschmaschine kommt, reißt Johannes diesen von der Wäscheleine und schmeißt empört den Luxusteddy aus dem Fenster. Der Gärtner findet ihn und wirft ihn in die Mülltonne und der Luxusteddy landet auf dem Müllberg. Er geht den gleichen Weg wie Kippi, wird auch von Paul auf der Müllkippe gefunden und von der Mutter repariert.
Johannes besteht mehr und mehr darauf, dass Nico und Paul eingeladen werden. Da Paul Geigenunterricht nimmt (eine Ausnahme in dieser Gegend) findet der Vater von Johannes, dass Pauls Familie nicht ganz asozial ist und genehmigt den Besuch. Zwei Familienwelten treffen aufeinander. So kommt es auch, dass der Luxusteddy unerkannt als Geschenk zu Johannes zurückkommt.
Johannes muss nun dem Vater die Wahrheit über den Fenstersturz des Luxusteddys erzählen. die Geschichte endet mit der Freundschaft der drei Teddys, sowie der Freundschaft der drei Buben.
Die Kinder überwinden die Unterschiede und werden wirklich Freunde!
Paul wird Kinderpsychologe, Johannes Architekt und Nico eröffnet eine Teddyproduktion mit Verkauf.
In dieser sehr ausführlichen Geschichte werden nur zwei Familien gegenübergestellt, das heißt nicht, dass alle Familien in dieses Raster fallen. Jede Familie kann nach äußerlichen Kriterien eingeteilt werden, und dennoch hat jede Familie ihre eigenen familiäre Kriterien. Die festgefahrenen Vorurteile wahrzunehmen und zu hinterfragen, war meine Intension. Die Trennung von privilegierten und benachteiligten Familien verhindert die Chancengleichheit der Kinder und sind nicht nur Vorurteile, sondern auch Vorverurteilung, die diese Vorurteile stets neu bestätigen. Das muss aufhören!
In der Geschichte sind Zwischenkapitel eingefügt, die Diskussionsmöglichkeiten mit älteren Kindern aufzeigen! Es ist die beste Vorbeugung gegen Ausgrenzung und Spaltung ist, wenn Kinder die Zusammenhänge erkennen und die Folgen ihres Verhaltens verstehen und danach ändern können. Wenn die Brücke zwischen arm und reich, zwischen bildungssicheren und bildungsfernen Familien, nicht mehr verbindet, dann führt dies zu einer Spaltung der Gesellschaft mit unabsehbaren Folgen. Die Kinder Paul, Nico und Johannes reden und kämpfen miteinander. Sie nähern sich an und kommen zu einem Ergebnis. Sie ringen in der Geschichte um Gerechtigkeit und Respekt.
Diese Geschichte kann auch Vorschulkindern vorgelesen werden, denn über die Teddybären bekommt die Geschichte eine ihnen vertraute Wirklichkeit. Jedes Kind hat ein Kuscheltier oder einen Kuschelteddy, zu dem es eine besondere Beziehung hat. Jedes Kuscheltier ist gleichwertig für jedes Kind, genau so wie Kinder sind gleichwertig, egal aus welcher Familie sie kommen.
Die Welt der Anderen kennenlernen, miteinander reden, sich annähern und Konflikte überwinden, sich am Ende zu mögen und sich zu vertrauen, trotz der Unterschiedlichkeiten, und sogar Freunde werden können, ist der Prozess in diesem Kinderbuch. Die drei Teddys erleben das Gleiche wie die drei Buben: Nichtbeachtung, Wertlosigkeit, Verletzungen, Respektlosigkeit, Ungerechtigkeit. Sie verlieren ihre Würde und müssen mütterlich repariert werden. Kinder, die das ständig erleben, werden das nicht hinnehmen und sich irgendwann, irgendwie zur Wehr setzen
Dieses Bilderlesebuch sollte ausführlich besprochen werden, da es sozialkritisch gedacht ist. Die beiden Ebenen Kinder und Teddybären helfen Kindern und hoffentlich auch Erwachsenen, die Unterschiede und die Möglichkeiten in den Familien zu verstehen.